Das ergreifende Drama „Dann passiert das Leben“ mit den großartig aufspielenden Anke Engelke und Ulrich Tukur
Der immer gleiche Sitzplatz am zu klein geratenen Küchentisch. Die Macke mit den ständig hoch- und runtergefahrenen Rollos. Die beiden weit voneinander stehenden Stühle auf der Terrasse. Die getrennten Schlafzimmer. Kein Begrüßungs- oder Gute-Nacht-Kuss. Keine Frage: Rita (Anke Engelke) und Hans (Ulrich Tukur) haben sich nach 35 Jahren Ehe auseinandergelebt. Sohn Tom (Lukas Rüppel) ist längst erwachsen und hat verständlicherweise das Weite gesucht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die kurz bevorstehende Pensionierung des Schulrektors Hans keine Euphorie, sondern eher Beklemmungen in beiden verursacht. Wie soll man mit der neu gewonnenen gemeinsamen Zeit umgehen?
Neele Leana Vollmar gehört zu den besten deutschen Regisseurinnen. Das hat sie nicht nur mit wunderbaren Kinderfilmen wie „Rico, Oskar und die Tieferschatten“, sondern auch mit sensiblen Tragikomödien wie „Urlaub vom Leben“ oder zuletzt der kongenialen Romanadaption „Auerhaus“ bewiesen.
Wie auf einem Guss
Nach einem eigenen Drehbuch lässt sie uns nun tief eintauchen in eine Geschichte über ein Ehepaar, dem die eingeschlichene Routine im Weg steht. Das dürfte so manchem bekannt vorkommen, ist schmerzhaft, mitunter aber auch komisch. Dabei wirken das Setting in dem biederen Häuschen, die Maske mit einer immer leicht blass wirkenden Anke Engelke oder die eher leise Filmmusik wie aus einem Guss.
Und wir tauchen immer tiefer ein: Hans hatte eine Affäre mit einer Kollegin, Rita arbeitet als Pflegerin und hat in ihrer Kollegin Gitti (Maria Hofstätter) eine gute Freundin. Doch dann geschieht eine Katastrophe, und sowohl Rita als auch Hans müssen sich der neuen Situation stellen. Besteht da eine Chance, ihre Liebe wieder neu zu entdecken?
Die Chemie stimmt
So ein sensibler Stoff steht und fällt mit den beiden Hauptdarstellern. Und da sind Anke Engelke und Ulrich Tukur nichts weniger als sensationell – jede Geste, jeder Ton stimmt. Die Chemie der beiden Multitalente – sie vor allem bekannt als Vollblutkomödiantin, er als Musiker und schauspielerisches Chamäleon, sei es nun im „Tatort“ oder als „John Rabe“ – stimmt in „Dann passiert das Leben“ bis aufs i-Tüpfelchen.
Dann passiert das Leben / D 2025, 120 Min., R: Neele Leana Vollmar, D: Anke Engelke, Ulrich Tukur, Lukas Rüppel u.a., Kinostart: 6.11.2025
Martin Schwarz hat Publizistik und Theaterwissenschaften an der FU studiert und war 20 Jahre lang Filmredakteur beim Stadtmagazin zitty. Für das Berliner Abendblatt erkundet er die Stadt, ist aber dem Kino treu geblieben, auch für das Stadtmagazin tipBerlin.
