ERKUNDUNG Der Spaziergang führt entlang der Spree durch das östliche Moabit, vorbei an malerischen Alt- und architektonisch spannenden Neubauten
Züge beobachten, das ist nicht nur der Zeitvertreib von Rents, Spud, Sick Boy und Co., den leidvollen Helden aus Irvine Welshs Roman „Trainspotting“. Es handelt sich um ein weit verbreitetes Hobby. Züge lassen sich auch am Berliner Hauptbahnhof beobachten.
Im Minutentakt starten von dort Regional- und Fernbahnen. Für einige ist es eine weite Reise. Vor allem für die Schlafwagen, die langsam wieder in Mode kommen. Vom Hauptbahnhof aus startet auch unser Spaziergang nach Westen, nach Moabit, einen spannenden Ortsteil, den es immer wieder neu zu entdecken gilt.
Vorbei an der Bundesschlange auf dem Moabiter Werder
Das Bahnhofsgebäude in Richtung Washington Platz verlassend, zieht es uns zunächst zum Wasser. Am Spreeufer entlang geht es vorbei am Zollpackhof, einem beliebten Biergarten, der in der kalten Jahreszeit auch ein Restaurant mit Kaminzimmer bereithält (Elisabeth-Abegg-Str. 1, Moabit, Tel. 33 09 97 20, Restaurant: tägl. 12–23 Uhr, www.zollpackhof.net). Der Kanzlergarten ist leider nicht öffentlich zugänglich.
Dafür ist der Blick frei aufs Kanzleramt sowie das danebenliegende Haus der Kulturen der Welt, früher eine Kongresshalle, die von den Berlinern etwas despektierlich „Schwangere Auster“ genannt wird. Nach rechts geht es zur Joachim-Karnatz-Allee, vorbei an einem Wohnblock, der bekannt ist als „Bundesschlange“ auf dem Moabiter Werder und in den 1990er-Jahren für die Zuzügler aus Bonn gebaut wurde.
Wir unterqueren die S-Bahntrasse und stehen vor „Ergün’s Fischbude“ (Lüneburger Str. 382, Moabit, Tel. 397 57 37, So–Do 16–23 Uhr, Fr/Sa bis 0 Uhr, www.erguns-fischbude.de), einem urigen Lokal mit anatolischem Schwerpunkt, und das seit 1992. Nun links in die Lüneburger, dann rechts in die Paulstraße, vorbei am „Angkor Wat“ (Paulstr. 22, Moabit, Tel. 393 39 22, Di–Fr 17–22 Uhr, Sa/So 12-22 Uhr, www.angkorwatrestaurant.de), einem charmanten kambodschanischen Restaurant, dann gleich wieder nach links in die Melanchthonstraße.
Zwischen zwei Wohnhäusern verbirgt sich der Zugang zum Carl-von-Ossietzky-Park mit einer etwa 150 Jahre alten Blutbuche, die ein Naturdenkmal ist. Diese findet sich am nördlichen Ende des Parks, gegenüber der Justizvollzugsanstalt Moabit. Es geht erneut nach links. Über die Straße Alt-Moabit erreichen wir den Kleinen Tiergarten.
Auf dessen gegenüberliegender Seite verläuft die Turmstraße, die wir überqueren und durch einen Hausdurchgang auf das Gelände des Moabiter Krankenhauses kommen. Das wurde zwar 2001 geschlossen, medizinisch wird das Areal noch immer genutzt. Heute finden sich dort Arztpraxen, eine Rehabilitationsklinik und das „Zentrum Überleben“ für Opfer von Folter und Kriegsgewalt. Ebenfalls dort liegt der Hauptsitz des Landesamts für Gesundheit und Soziales.
In Höhe der Birkenstraße verlassen wir das Gelände und folgen dieser nach rechts zur Rathenower Straße. Dort gibt es auch einen Zugang zum Fritz-Schloß-Park. Dieser wird flankiert von mehreren Fußballfeldern, unter anderem dem des Poststadions mit Tribünen und umgebender Tartanbahn für die Leichtathletik. Erholungsuchende zieht es wiederum ins „Vabali Spa Berlin“. Am Rand des Parks liegt zudem das Stadtbad Tiergarten.
Wir verlassen den Park an der Seydlitzstraße, die an einer Kleingartenanlage endet. Rechts geht es in die Lehrter Straße. Von dort ist es nur ein Katzensprung zum Geschichtspark „Ehemaliges Zellengefängnis Moabit“. Diese unbekannte Naherholungsoase im Stadtzentrum ist vor allem im Sommer ein Ort für Ruhesuchende. Ein Kontrast zum gegenüberliegenden, stark frequentierten Hauptbahnhof, den wir so wieder erreicht haben. Für die rund 4,5 Kilometer lange Strecke sollte man um die 1,5 Stunden einplanen.
Text: Max Müller
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