An der Leipziger Straße gilt aus Gründen der Luftreinhaltung Tempo 30.
An der Leipziger Straße gilt aus Gründen der Luftreinhaltung Tempo 30. Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin (dpa/bb) – An 23 Berliner Hauptstraßen gilt bald tagsüber wieder Tempo 50 statt Tempo 30. Der schwarz-rote Berliner Senat beschloss dazu auf Vorlage von Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) einen neuen sogenannten Luftreinhalteplan. 

Um die Luftqualität zu verbessern und europäische Schadstoff-Grenzwerte einzuhalten, war vor einigen Jahren an 41 Abschnitten an Hauptverkehrsstraßen tagsüber Tempo 30 angeordnet worden. Da das Ziel reinerer Luft an etlichen Straßen nun erreicht sei, könne das Tempolimit nicht mehr damit begründet werden, argumentiert Bonde, die derzeit im Urlaub weilt. 


Gleichwohl fällt Tempo 30 nicht an allen 41 Straßen. An 7 Abschnitten bleibt das Limit aus Gründen der Luftreinhaltung, weil Grenzwerte hier noch überschritten werden. An 11 weiteren Abschnitten besteht es aus Gründen der Verkehrssicherheit weiter, etwa weil an den Straßen Seniorenheime oder Kitas liegen. Übrig bleiben 23 Straßenabschnitte, an denen tagsüber voraussichtlich in wenigen Wochen wieder Tempo 50 gilt, ein genauer Termin ist noch offen. 

Mehr Tempo 30 nachts

Der Senat beschloss gleichzeitig auf etlichen Hauptverkehrsstraßen nachts Tempo 30 – und zwar zwischen 22.00 bis 6.00 Uhr. Diese Entscheidung wurde aus Gründen des Lärm- und damit Gesundheitsschutzes getroffen und betrifft nach früheren Angaben Straßen mit einer Gesamtlänge von 230 Kilometern. Laut Verkehrsverwaltung sind die Belastungen für Anwohner dort hoch und vorerst keine alternativen Maßnahmen zur Lärmreduzierung möglich.

Grüne und Linke sehen Gefahren für Verkehrssicherheit

Die Abschaffung der Tempo-30-Zonen, die bisher aus Gründen der Luftreinhaltung bestehen, stößt auf viel Kritik. Die Grünen warfen Bonde verantwortungsloses Handeln vor. «Es ist absurd, von Luftreinheit und Lärmschutz zu sprechen und gleichzeitig Tempo 50 wieder einzuführen», erklärten die Verkehrspolitikerinnen Oda Hassepaß und Antje Kapek. Sie fordern, vor Kitas, Schulen und Senioreneinrichtungen pauschal Tempo 30 anzuordnen, denn bei Tempo 50 sei die Sicherheit von Kindern massiv gefährdet. 

Kritik kommt auch aus den Reihen der Koalition. Der SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf sprach von einer «gefährlichen Entscheidung». Für eine Rückkehr zu Tempo 50 gebe es keine zwingende Notwendigkeit. «Als SPD liegt unser Fokus auf der Verkehrssicherheit, während der Koalitionspartner freie Fahrt für freie Bürger propagiert», sagte Schopf der Deutschen Presse-Agentur.

Verband sieht Ideologen am Werk

Roland Stimpel vom Fachverband Fußverkehr Deutschland (Fuss e.V.) erklärte: «Im Senat haben sich die Bleißfuß-Ideologen gegen die Verkehrssicherheit durchgesetzt.» Er prognostizierte eine Zunahme schwerer Unfälle. Der Verein Changing Cities warf dem Senat und vor allem der CDU generell einseitige Politik zugunsten von Autofahrern vor. «Die Stauprobleme, die Luftverschmutzung, die Lärmbelästigung, die fehlende Verkehrssicherheit und das Problem der Klimaneutralität verschlimmern sich dadurch nur.» 

Bonde ließ Schulwege prüfen 

Ursprünglich plante Bonde, an 25 Straßen Tempo 30 abzuschaffen. Sie ließ dann allerdings nach eigenen Angaben prüfen, ob an den fraglichen Straßenabschnitten sogenannte hochfrequentierte Schulwege entlangführen oder andere Gründe der Verkehrssicherheit für eine Beibehaltung von Tempo 30 sprechen. Am Ende bleiben nun 23 Straßen. 

«Die Sicherheit von Schulwegen hat für uns absolute Priorität. Deshalb wurden durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde Einzelfallprüfungen an den Abschnitten vorgenommen, die aus anderen Gründen kein Tempo 30 mehr erfordern», erklärte Bonde dazu. «Dabei konnte an keinem Abschnitt ein hochfrequentierter Schulweg festgestellt werden.» 

Noch kein Termin 

Wann genau die neuen Tempo-Regeln gelten, steht nicht fest. Nach Angaben der Verkehrsverwaltung wird der Senatsbeschluss im Amtsblatt veröffentlicht. Dann gibt es eine Anhörung von Polizei und Bezirken. Kommen keine Einwände, folgt die Anordnung der neuen Geschwindigkeitsregeln. Nötig ist dann ein «Verkehrszeichenplan», die Umsetzung liegt bei den Bezirken.