Schönefeld/Den Haag (dpa) – Die Bundespolizei hat am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) einen libyschen Staatsangehörigen festgenommen, der vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gesucht wird. «Die Grundlage ist ein entsprechendes Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofes», sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg.
Der Gerichtshof bestätigte in Den Haag die Festnahme. Chalid Mohammed Ali al-Hischri werde der schweren Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verdächtigt. Dazu gehörten Mord, Folter und Vergewaltigung.
Verdacht von Verbrechen gegen Gefangene
Der Mann soll nach Angaben des Gerichts der Leitung des Mitiga-Gefängnisses angehört haben, in dem nach Angaben der Anklage Tausende Gefangene festgehalten wurden. Er steht unter dem Verdacht, Gefangene von 2015 bis 2020 selbst misshandelt oder dazu den Befehl gegeben zu haben.
Nach Angaben der Bundespolizei war er bereits am Mittwoch festgenommen worden. Der Verdächtige soll an den Gerichtshof überstellt werden. «Der Verfolgte befindet sich noch in Brandenburg», sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft.
Bericht: Verdächtiger ist Milizenführer
Der «Spiegel» berichtete, der Festgenommene sei ein führendes Mitglied der Rada-Miliz, die in der libyschen Hauptstadt Tripolis den Flughafen Mitiga und das umliegende Gebiet kontrolliere.
In einem Bericht des vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) eingesetzten Experten-Panels zur Überwachung von Sanktionen aus dem Jahr 2021 heiße es, frühere Gefangene hätten von willkürlichen Verhaftungen, Konfiszierung von Eigentum und sexueller Erniedrigung gefangener Frauen durch männliche Wärter berichtet. Al-Hischri sei darin eine führende Rolle bei den Misshandlungen zugeschrieben worden.
In Libyen brach nach dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg aus. Bis heute kämpfen unzählige Milizen und die zwei verfeindeten Regierungen um Macht und Einfluss.
Der Chef der libyschen Kriminalpolizei, Osama Almasri Najeem, war im Januar in Italien freigelassen worden, nachdem er wenige Tage zuvor aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen in Turin festgenommen worden war. Zunächst wurde er laut italienischer Regierung wegen eines juristischen Formfehlers freigelassen. Nachdem ein Gericht seine Inhaftierung nicht bestätigt hatte, erließ die Regierung wegen «sozialer Gefährlichkeit» seine Abschiebung. Gegen Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni waren wegen der Freilassung Ermittlungen eingeleitet worden.