«So wahr mir Gott helfe» - der neue Innenminister René Wilke (parteilos) verwendete bei seiner Vereidigung im Landtag auch die Gottesformel.
«So wahr mir Gott helfe» - der neue Innenminister René Wilke (parteilos) verwendete bei seiner Vereidigung im Landtag auch die Gottesformel. Foto: Soeren Stache/dpa

Potsdam (dpa/bb) – Brandenburgs neuer Innenminister René Wilke hat sein Amt angetreten – und zum Auftakt Handlungsbedarf in der Migrationspolitik und beim Verfassungsschutz festgestellt. Der parteilose 40-Jährige will den Fortbestand des erst im März gestarteten Rückführungszentrums für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt überprüfen, wie er bei seinem ersten Auftritt als Minister im Landtag sagte. Zudem sieht er nach viel Streit um den Verfassungsschutz Regelungsbedarf und die Möglichkeit für einen Neustart. 

Der Ex-Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) wurde knapp eine Woche nach dem Rücktritt der SPD-Politikerin Katrin Lange zum Innenminister ernannt und im Parlament vereidigt – mit Gottesformel. Seine Vorgängerin war nicht bei der Landtagssitzung dabei. 

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Wilke übernimmt Amt unter schwierigen Voraussetzungen

Lange stand in den eigenen Reihen wegen des Umgangs mit dem Verfassungsschutz und im Zusammenhang mit der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung unter Druck. Sie legte ihr Amt am vergangenen Freitag nieder. 

Die Entscheidung des SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke für Wilke als Nachfolger galt als Überraschung. Dieser war im vergangenen Jahr aus der Linkspartei ausgetreten. Begründet hatte er den Schritt vor allem mit der Einstellung der Partei zum Ukraine-Krieg. 

Woidke lobte am Vormittag die bisherige Arbeit Wilkes als Rathauschef in der Oderstadt an der polnischen Grenze. «Er hat als Stadtoberhaupt einer Grenzstadt hervorragende Arbeit geleistet und wird das Land mit seiner Expertise voranbringen.» 

Verantwortung statt Feier: Wilke startet arbeitsam 

Auf die Frage, ob er am Abend seine neue Position auch feiere, sagte Wilke der Deutschen Presse-Agentur: «Es ist für mich kein Jubeltag, sondern ein Arbeitstag.» Die neue Aufgabe bedeute vor allen Dingen Verantwortung und Arbeit. Wilke war seit 2018 Oberbürgermeister und zuvor einige Jahre Landtagsabgeordneter in Potsdam. 

Überprüfung des «Dublin-Zentrums» angekündigt 

Er kündigte an, den Weiterbetrieb des Rückführungszentrums für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt zu überprüfen. Er werde sich anschauen, wie es mit dem «Dublin-Zentrum» weitergehe und ob es weiterhin notwendig sei. Es geht dabei um Asylsuchende, für deren Verfahren nach der sogenannten Dublin-Verordnung eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig ist. 

Die Auslastung der Einrichtung liegt unter der Kapazität von 150 geschaffenen Plätzen, wie Wilke sagte. Zudem sind nach seinen Angaben 25 Menschen untergetaucht. 

Wilke: Bundesentscheidungen beeinflussen Zukunft des Zentrums

Die aktuellen Entscheidungen der Bundesregierung zu noch einmal verstärkten Grenzkontrollen und Zurückweisungen an der Grenze hätten Einfluss auf die Notwendigkeit und Arbeitsfähigkeit des Zentrums, sagte der Innenminister. Er habe entschieden, größere Investitionen etwa in technische Vorrichtungen zur Erfassung der Asylbewerber nicht zu machen. Dabei geht es etwa um ein Einchecksystem an Türen.

80 Personen sind nach Angaben Wilkes derzeit im «Dublin-Zentrum» untergebracht. Bisher seien drei nach Polen überstellt worden. 30 Verfahren unterschiedlicher Art seien noch anhängig. Von ihrem Ausgang hänge es ab, ob es weitere Abschiebungen größerer Art nach Polen geben werde.

Dublin-Zentrum ging unter Ex-Ministerin Lange an den Start

Das «Dublin-Zentrum» in Eisenhüttenstadt nahm Mitte März die Arbeit auf, begleitet von Kritik des Flüchtlingsrats. Ex-Innenministerin Lange hatte gesagt, die Einrichtung sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Ordnung und Effizienz in der Asylpolitik in Deutschland.

Zudem war das Innenministerium bislang auf der Suche nach geeigneten Standorten für Ausreisezentren für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive. Die Landesregierung und die Kommunen wollen die Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer verstärken und zugleich die Integration von Flüchtlingen mit Bleiberecht verbessern. 

Verfassungsschutz bleibt Herausforderung für neuen Minister

Vor Wilke stehen wichtige Aufgaben wie die Neubesetzung der Spitze des Verfassungsschutzes und die Auseinandersetzung mit der Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Auch die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2024 in Brandenburg wurden verschoben. 

Im Umgang mit dem Verfassungsschutz sieht Wilke nun die Chance für einen Neustart. «Ich glaube, dass es da durchaus auch Regelungsbedarf geben wird und Entscheidungsbedarf», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Für den Verfassungsschutz ist das jetzt eine Möglichkeit des Neustarts (…)» Das sei möglicherweise dann auch eine gute Gelegenheit, «dass wir uns da etwas besser für die Zukunft aufstellen», sagte der Minister. Konkrete Schritte nannte der 40-Jährige bei seinem Amtsantritt zunächst nicht.