Potsdam (dpa/bb) – Brandenburgs Datenschützer halten den Einsatz eines Programms zur Gesichtserkennung bei der Polizei für problematisch. In zwei Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) sei es nach einem richterlichen Beschluss angewendet worden, sagte die Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge am Vormittag in Brandenburg.
Es gehe hier um Gesichter Hunderter oder Tausender Unbeteiligter, so die Behörde. Die Landesbeauftragte kritisierte die Datenverarbeitung als nicht verhältnismäßig. Das Verfahren verarbeitet Gesichter etwa aus dem öffentlichen Raum und vergleicht sie mit Bildern in der Polizeidatenbank.
Das Innenministerium in Brandenburg hatte 2024 auf Anfrage mitgeteilt, dass ein System der Polizei Sachsen zur Gesichtserkennung eingesetzt wurde. Es ging um die Verfolgung von Diebesbanden. Fotos von Autofahrern, die an Kamerastandorten vorbeifahren, werden in Echtzeit mit Fotos von Verdächtigen verglichen.
Auch andere Datenschützer haben Bedenken gegen das sogenannte Personen-Identifikation-System (PerlS). In Brandenburg war die Anwendung der automatischen Kennzeichen-Erfassung – das sogenannte Kesy-System – vor Jahren als rechtswidrig gestoppt worden.
So viele Datenschutzbeschwerden wie seit 2018 nicht
Die Datenschutzbeschwerden in Brandenburg stiegen von insgesamt 1.336 Fällen im Jahr 2023 auf 1.450 Fälle im vergangenen Jahr. Das waren laut Behörden so viele wie nie zuvor seit Einführung der Datenschutz-Grundverordnung 2018. Verantwortliche meldeten 506 Datenschutz-Verletzungen – dabei ging es unter anderem um Folgen von Hackerangriffen. In fünf Fällen wurden im vergangenen Jahr Bußgelder wegen Datenschutz-Verstößen von insgesamt 33.500 Euro verhängt. Die Datenschutzbeauftragte legte am Vormittag ihren Tätigkeitsbericht vor.
Die Behörde rechnet damit, dass die zunehmende Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) weitere Risiken des Datenmissbrauchs mit sich bringt. Seit Anfang 2025 gebe es verstärkt Beschwerden von Bürgern über den Einsatz von KI in Unternehmen, hieß es am Vormittag in Potsdam. Es kann aus Sicht der Datenschützer problematisch sein, wenn etwa Daten nicht anonymisiert zum Training von KI-Modellen genutzt werden und Betroffene von der Datenerarbeitung nichts wissen.
Newsletter-Verstoß: 63 E-Mails trotz Widerrufs
Konkrete Datenschutz-Verstöße stellte die Datenschutzbeauftragte Hartge etwa bei einem Augenoptik-Unternehmen fest, das 30.000 Euro Bußgeld zahlen soll. Es hatte einem Kunden trotz Widerrufs über neun Monate hinweg 63 Werbe-E-Mails gesendet.
Die Polizei geriet mehrmals in den Fokus der Datenschützer. Ein Beamter speicherte unzulässigerweise Tausende polizeiliche Datensätze auf einer privaten Festplatte – darunter Angaben zu Beschuldigten, Zeugen und dienstliche Beurteilungen. Es wurde ein Bußgeld von etwa einem Monatseinkommen verhängt, wie Hartge sagte.
Die Datenschutzaufsicht sieht auch eine Vorgehensweise beim Einsatz der Bezahlkarten für Asylbewerber kritisch. Sie soll Überweisungen ins Ausland unterbinden. Damit aber bestimmte Zahlungen der Asylbewerber etwa für Anwalts-Rechnungen, Handyverträge oder das Abonnement des Deutschland-Tickets doch möglich sein sollen, werden Listen für Zahlungsempfänger – die sogenannten Whitelists – erstellt. Die Datenschützer sehen das Verfahren teils kritisch und wollen die Praxis in diesem Jahr in einigen Landkreisen überprüfen.
Videoüberwachung im Hotel eingeschränkt
Immer wieder ein Fall für Hunderte Datenschutzbeschwerden ist die Videoüberwachung: Besonders aufwendig war ein Fall mit mehr als 40 Kameras in einem Hotel. Die Überwachung von Lobby, Fluren, Aufzügen und Außenbereichen wurde untersagt. Die Datenschützer überprüften in Brandenburg im vergangenen Jahr insgesamt 786 Videokameras.