Brandenburgs BSW-Landtagsfraktionschef Niels-Olaf Lüders hat wie Russlands Botschafter Sergej Netschajew (Mitte) am Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen teilgenommen. (Archivbild)
Brandenburgs BSW-Landtagsfraktionschef Niels-Olaf Lüders hat wie Russlands Botschafter Sergej Netschajew (Mitte) am Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen teilgenommen. (Archivbild) Foto: Soeren Stache/dpa

Potsdam (dpa/bb) – Brandenburgs BSW-Landtagsfraktionschef Niels-Olaf Lüders fordert die Teilnahme des russischen Botschafters an offiziellen Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. «Natürlich hat der russische Botschafter das Recht, Gedenken zu besuchen – gerade Sachsenhausen», sagte Lüders, der auch BSW-Vize-Landesvorsitzender ist, der Deutschen Presse-Agentur. 

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes sind zahlreiche Gedenkfeiern geplant, darunter am 4. Mai in der Gedenkstätte Sachsenhausen. Mit seiner Ansicht steht Lüders konträr zur Linie von SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke.

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Russische Botschaft plant eigenes Gedenken 

Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat Russlands Botschafter Sergej Netschajew gebeten, nicht an Gedenkfeiern teilzunehmen. Dieser Ausschluss gilt wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine seit 2022. Gedenkstättendirektor Axel Drecoll hatte angekündigt, das Hausrecht durchzusetzen, wenn der Botschafter trotzdem kommt – dafür gibt es aber keine Anzeichen. 

«Ihn jetzt auszuladen wegen der Vermutung, es könnte ja politisch instrumentalisiert werden – die durch nichts belegt ist -, ist für mich nicht nachvollziehbar», sagte Lüders. «Die Androhung, ihn mit dem Sicherheitsdienst zu entfernen, ist völlig überzogen.»

Dennoch wird auch der russische Botschafter Kränze in der Gedenkstätte Sachsenhausen niederlegen. Netschajew kommt am Montag (28. April) mit einer Delegation zu einer separaten Gedenkveranstaltung auf das Gelände, wie die Botschaft in Berlin auf Anfrage mitteilte. «Mit einer stillen Gedenkzeremonie sind wir einverstanden», hatte Gedenkstättendirektor Drecoll zuvor gesagt.

Botschafter weist Vorwurf zurück

Das Auswärtige Amt hatte Ländern, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes empfohlen, offizielle russische Vertreter zu Weltkriegs-Gedenkveranstaltungen nicht zuzulassen. Dies wurde mit der Befürchtung begründet, dass Russland die Veranstaltungen «instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen» könnte. 

Der Botschafter wies die Befürchtung am Donnerstag zurück. «Wir haben immer deutlich gemacht und wollen auch heute deutlich machen, dass die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, den entscheidenden Anteil der Roten Armee an der Zerschlagung des Nazismus und die kolossalen Opfer des Sowjetvolkes nicht von der jeweils aktuellen politischen Agenda abhängen, verdreht oder verschwiegen werden darf.»

Staatsministerin stellt sich hinter Ausladung

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hält die Ausladung von russischen Vertretern zum 80. Jahrestag des Kriegsendes für notwendig. Der Grund sei, «dass in diesem Jahr für die Feiern zu 80 Jahren Kriegsende, die in Moskau am 9. Mai begangen werden, ein unerträgliches Propagandafeuerwerk des Kreml zu erwarten ist», sagte eine Sprecherin von Roth der dpa. Der Kreml werde versuchen, «den verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in geschichtsverfälschender Weise zu rechtfertigen».

Differenzen in der Koalition

Der Umgang mit russischen Vertretern beim Gedenken sorgt für Unstimmigkeit in der SPD/BSW-Koalition. Woidke hält die Ausladung russischer Vertreter von Gedenkveranstaltungen für richtig. Dies schrieb er dem Botschafter schon vor zwei Jahren. BSW-Fraktionschef Lüders bezeichnet die Empfehlung des Auswärtigen Amts als unangemessen. «Ich sehe darin eine politische Einflussnahme.» Der AfD-Landesvorsitzende René Springer hatte Woidke kritisiert: «Wer die Erinnerung an das Kriegsende von außenpolitischer Gesinnung abhängig macht, missbraucht die Geschichte für billige Symbolpolitik.»

Netschajew nahm Mitte April am Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen teil. Sein Besuch sorgte für Aufsehen. Am vergangenen Mittwoch war Netschajew bei einem Gedenken am Sowjetischen Ehrenfriedhof in Potsdam. An beiden Veranstaltungen nahm auch der BSW-Fraktionschef teil. Am Freitag besuchte Russlands Botschafter in Torgau ein Gedenken. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hatte gefordert, seine Teilnahme zu unterbinden.