Schlagabtausch fünf Tage vor der Brandenburg-Wahl: die Spitzenkandidaten in der rbb-Wahlrunde.
Schlagabtausch fünf Tage vor der Brandenburg-Wahl: die Spitzenkandidaten in der rbb-Wahlrunde. Foto: Annette Riedl/dpa

Potsdam (dpa/bb) – Hochwasser, Migration, Tesla und Braunkohle: Die Spitzenkandidaten von sieben Parteien haben sich vor der Brandenburger Landtagswahl im RBB-Fernsehen einen Schlagabtausch geliefert. Bei der Live-Sendung «rbb24 – Ihre Wahl: Der Kandidatencheck» machten sie fast zwei Stunden lang ihre Standpunkte deutlich. Die Debatte verlief meist sachlich, aber es gab auch Kontroversen. Am Sonntag wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. Derzeit regieren SPD, CDU und Grüne.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der sich ganz als Landesvater präsentierte, sieht das Land gerüstet für das Hochwasser. «Wir hoffen das Beste, aber bereiten uns auf das Schlimmste vor», sagte Woidke. «Da sind seit 1997 Milliarden in den Hochwasserschutz investiert worden.» Er sieht Ratzdorf, wo die Oder Deutschland erreicht, deutlich besser aufgestellt als beim Hochwasser 1997. Beim Deichbau gebe es im Land «noch ein paar Baustellen», etwa in Mühlberg an der Elbe.

AfD-Fraktionschef und Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt ging auf eine Moderatorenfrage zum Klimawandel nicht ein. In den vergangenen Jahrhunderten seien viel höhere Pegelstände erreicht worden, sagte er und forderte, die Deiche müssten in Ordnung gebracht werden. Biber, die sie schädigen könnten, müssten «gnadenlos weggetrieben» werden.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat Benjamin Raschke forderte mehr Naturschutz für mehr Hochwasserschutz und mehr Tempo beim Klimaschutz. «Wir brauchen richtig Investitionen in Personal und in Baumaßnahmen für höhere Deiche.» CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann forderte mit Blick auf den Schutz von Deichen, Nutrias und Bisamratten müssten leichter zu jagen sein.

BSW-Landeschef und Spitzenkandidat Robert Crumbach zeigte sich zuversichtlich, dass Brandenburg für das Hochwasser «ganz gut aufgestellt ist». Linke-Spitzenkandidat und Fraktionschef Sebastian Walter warb für eine Elementarversicherung, damit niemand in Flutregionen Angst haben müsse, das Haus zu verlieren. Der Landeschef von BVB/Freie Wähler, Péter Vida, forderte eine Verstärkung der Deiche.

Teils Einigkeit bei Migration von Fachkräften 

In der Debatte über Migration gab es teilweise Einigkeit unter den Politikern. Eine feste Beschäftigung ist nach Ansicht von CDU-Spitzenkandidat Redmann Voraussetzung für eine gelungene Integration von Zuwanderern in Brandenburg. «Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung in verschiedenen Branchen», sagte er.

Ministerpräsident Woidke stellte fest, dass Integration von Ausländern am besten über Arbeit funktioniere. Er sprach sich für ein «Klima der Weltoffenheit» aus. «Fremdenfeindlichkeit schadet unserem Land. In vielen Bereichen sind wir von ausländischen Fachkräften abhängig», sagte der SPD-Politiker mit Blick auf ausländische Ärzte in Krankenhäusern.

Auch Freie-Wähler-Spitzenkandidat Vida sagte, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration sei eine feste Beschäftigung. Linke-Spitzenkandidat Walter warb für mehr Zuwanderung und beklagte, dass die Migrationsdebatte hoch qualifizierte Zuwanderer abschrecke.

AfD-Spitzenkandidat Berndt sprach sich dafür aus, die Ausbildung von jungen Deutschen zu verbessern, statt Fachkräfte im Ausland zu suchen. Trotz hoher Zuwanderungszahlen sei das Fachkräfteproblem so groß wie nie. BSW-Spitzenkandidat Crumbach befürwortete die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte, aber nur «in Teilen». «Wir dürfen anderen Ländern nicht die besten Kräfte wegschnappen», sagte er.

Braunkohleausstieg setzt Emotionen frei 

Thema war auch der Braunkohleausstieg. CDU-Landeschef Redmann sprach sich dafür aus, in der Lausitz beim vereinbarten Ausstieg bis 2038 zu bleiben. «Die Kraftwerke werden immer flexibler – sie produzieren heute nach dem Wetterbericht: immer dann, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.»

Regierungschef Woidke warb ebenfalls dafür, den vereinbarten Ausstieg nicht zu ändern. «Wandel braucht Sicherheit», sagte der SPD-Politiker. 2030 sei nicht realistisch für einen Ausstieg. «Wir brauchen 2038 mit Sicherheit für die Beschäftigten, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.» Er verwies auch auf das neue ICE-Instandhaltungswerk Cottbus.

AfD-Fraktionschef Berndt sagte, ein vorzeitiger Braunkohleausstieg sei nicht hinnehmbar. Auf die Frage, ob die AfD neue Braunkohletagebaue aufmachen wolle, sagte er: «Nein.» Berndt forderte eine Abkehr von der Energiewende, ein Ende des Embargos von russischem Öl und Gas und den Wiedereinstieg in die Kernforschung. Auf die mehrfach gestellte Frage, wo die AfD ein Kernkraftwerk bauen wolle, antwortete Berndt nicht konkret.

Linksfraktionschef Walter warnte: «Wir dürfen es nicht wieder zulassen, dass am Ende Menschen Angst davor haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.» Freie Wähler-Landeschef Vida sagte, die Braunkohle werde bis 2038 gebraucht. Auch BSW-Spitzenkandidat Crumbach nannte 2038 als Ziel, er verlangte Verlässlichkeit. Bis dahin müsse der Strukturwandel organisiert sein. 

Tesla führt zu Dissens

Auch der Elektroautobauer Tesla war Thema. Linke-Spitzenkandidat Walter warf der rot-schwarz-grünen Regierung mit Blick auf Tesla-Chef Elon Musk vor, sie verramsche Arbeitnehmerrechte sowie Umwelt und die Leute vor Ort «an den reichsten Menschen der Welt». Grünen-Fraktionschef Raschke – dessen Partei mitregiert – forderte einen Wasser-Check für künftige Ansiedlungen. Freie-Wähler-Landeschef Vida verlangte, Wasser in der Region zu halten.

AfD-Fraktionschef Berndt hält die Standortauswahl für das Tesla-Werk in Grünheide für falsch. «Wir werden es nicht abreißen, aber es ist natürlich ein Problem.» BSW-Landeschef Crumbach forderte, weniger auf E-Autos und Batteriefertigung zu setzen.

Ministerpräsident Woidke nannte Tesla ein positives Beispiel. «Tesla hat in den letzten Jahren deutlich weniger Wasser verbraucht, als ihm im Vertrag zusteht.» CDU-Landeschef Redmann wünscht sich die schnelle Tesla-Geschwindigkeit bei der Genehmigung «nicht nur für Tesla».

AfD auch in jüngster Umfrage vor SPD

In der jüngsten Insa-Umfrage von «Märkischer Allgemeine», «Märkischer Oderzeitung» und «Lausitzer Rundschau» liegt die AfD mit 28 Prozent vorn vor der SPD mit 25 Prozent und der CDU mit 16 Prozent und dem BSW mit 14 Prozent. Die Grünen und BVB/Freie Wähler kommen auf vier Prozent, die Linke erreicht drei Prozent. 

Woidke will nur bei einem SPD-Wahlsieg weiter in Regierungsverantwortung sein, gewinnt er sein Direktmandat, will er Abgeordneter bleiben.