Bushaltestelle mit Graffiti auf dem Land in der Uckermark. Grüne Wiese mit Bäumen dahinter. Ein Strommast. Im Vordergrund Busspur
Hier in der Uckermark kommen die Busse nicht ganz so häufig wie am Ku'damm. Foto: IMAGO / serienlicht

Auf den ersten Blick hört sich eine Monatskarte für unter 30 Euro gut an, doch das ist eine sehr berlinerische Sichtweise, die sich vor allem an Berliner Verhältnissen orientiert.

Raed Saleh ist sehr zuversichtlich. Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD sagte jüngst der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Wir haben uns festgelegt auf ein 9-Euro-Sozialticket und auf ein 29-Euro-Ticket. Ich gehe fest davon aus, dass Brandenburg diesen Weg unterstützt.“ Das 29-Euro-Ticket gab es zuletzt übergangsweise als Monatskarte für die Berliner Tarifbereiche A und B, doch die geplante CDU-SPD-Koalition will das Angebot auch nach der Einführung des 49-Euro-Deutschlandtickets zu Anfang Mai fortsetzen.

Dazu soll eine Übereinkunft mit der Brandenburger Landesregierung gefunden werden. Schließlich kooperieren die beiden Länder im gemeinsamen Verkehrsverbund VBB. Ziel ist ein gemeinsames Angebot, um Komplikationen etwa für Pendler zu vermeiden. Doch in Potsdam sieht man die Sache etwas anders. Brandenburg plant auch keine Fahrkarte, die das Deutschlandticket preislich unterbietet.

ÖPNV-Angebot in Berlin und Brandenburg

Woher diese Diskrepanz? Was ist gegen ein Angebot zu sagen, das mehr Bürger für den Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel begeistern könnte? Aus Berlin-zentrierter Sicht wenig. Das Nahverkehrsnetz der Hauptstadt ist im Vergleich sehr gut ausgebaut. S- und U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen fahren in dichtem Takt und viele Linien sogar nachts. Bei aller hier und da angebrachten Kritik an der Zuverlässigkeit oder einzelnen Verbindungen können die Berliner sehr zufrieden mit dem ÖPNV-Angebot sein.

Wo es bereits ein engmaschiges Angebot mit vielen Fahrten gibt, fällt es natürlich leichter, dieses günstiger anzubieten, wenn man dazu noch Unterstützung von der Bundesregierung erwarten kann. Im Flächenland Brandenburg geht es um etwas anderes. Hier liegt die Priorität darauf, Takte zu verdichten, einst stillgelegte Verbindungen wieder zu eröffnen und neue Strecken anzubieten. Diese Ziele sind natürlich nur langfristig und mit höherem Kostenaufwand zu erreichen.

Welches Vorgehen führt zu mehr Klimaschutz?

Um hier wirklich beim Klimaschutz voranzukommen, muss den Menschen auf dem Land ein Angebot gemacht werden, das sie quasi nicht ablehnen können. Es muss viel einfacher sein, auf die Öffentlichen umzusteigen als heute. Ein Programm, das dieses Ziel hat, ist ambitioniert und muss irgendwie finanziert werden. Kann das gelingen, wenn man die Fahrpreise immer weiter drückt?

Solch ein Vorgehen wäre wünschenswert, weil es nicht nur zu weniger Autoverkehr, sondern auch zu mehr sozialer Teilhabe führen würde. Aber es erscheint derzeit schlicht und ergreifend unrealistisch. Die Mittel von Bund und Ländern sind gerade in Zeiten wie diesen nicht unerschöpflich – das hat sich schon bei den Verhandlungen zum Deutschlandticket gezeigt. In der jetzigen Situation und bei den momentanen politischen Mehrheiten ist es aus Brandenburger Sicht vernünftig, den Fokus auf den Strecken- und Verbindungsausbau zu legen – auch mit Blick auf den Klimaschutz.

Text: nt