Ein abgewählter Bezirksbürgermeister, eine neue Bürgermeisterin, die bei der vergangenen Berlin-Wahl noch in Pankow agierte und eine ehemalige Grünen-Politikerin, die in der Zwischenzeit zu den Linken gewechselt ist: Ein Blick auf die Wahlzettel zur Bezirksverordnetenversammlung in Mitte könnte bei manch einem für Verwirrung sorgen.
Im vergangenen September musste der damalige Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel, sein Amt aufgeben, nachdem sein Agieren in einem Besetzungsverfahren einer wichtigen Stelle im Amt für reichlich Kritik gesorgt hatte. Seine Nachfolgerin Stefanie Remlinger übernahm das Amt der Bezirksbürgermeisterin im Oktober – als erste Frau.
Bei der letzten Berlin-Wahl im Herbst 2021 kandidierte sie noch in Pankow für das Abgeordnetenhaus. Dort steht sie nun nicht mehr auf der Wahlliste. Sie habe das Mandat direkt zurückgezogen, erzählt sie uns am Telefon. Und die Geschäftsstelle des Landeswahlleiters bestätigt auf Nachfrage des Berliner Abendblatts: „Frau Remlinger kandidierte im Wahlkreis 9 in Pankow als Wahlkreisvorschlag und hat für ihre Wahlkreiskandidatur vor der Sitzung der Bezirkswahlausschüsse den Rücktritt erklärt. Sie wurde aufgrund von Paragraf 14 Absatz 1 LWG durch Frau Antje Kapek ersetzt“.
Kandidatur zurückgezogen
Auf den Wahlzetteln für Mitte sucht man Remlingers Namen aber auch vergebens. „Da es sich um eine Wiederholungswahl handelt, gelten die Listen von 2021, sofern Kandidatinnen und Kandidaten ihre Kandidatur nicht zurückgezogen haben oder aus anderen Gründen nicht kandidieren (Tod, Umzug)“, erklärt uns ein Pressesprecher aus dem Bezirksamt Mitte. Stefanie Remlinger wechselte erst nach der Berlin-Wahl 2021 als Stadträtin nach Mitte und kann demnach nicht auf den Stimmzetteln vertreten sein.
Dafür findet sich auf dem Stimmzettel für die Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung aber ein anderer bekannter Name: Stephan von Dassel steht auf Platz 2 der Liste der Grünen und kann somit wieder ins Bezirksparlament gewählt werden. Genauso wie Ingrid Bertermann, die auf Platz 17 der Grünen-Liste zu finden ist. Und das, obwohl sie bereits vor einiger Zeit in die Fraktion der Linken gewechselt ist. Auch sie hätte, ähnlich wie Remlinger, auf ihre Bewerbung verzichten können. Doch das kam für die Politikerin nicht infrage. So erklärte sie bereits im vergangenen Jahr dem rbb, dass sie nicht vorhabe, auf ihr Mandat zu verzichten. „Weder vor noch nach der Wiederholung.“
Bezirksamtsmitglieder bleiben
Für weniger Verwirrung dürfte die Zusammensetzung des Bezirksamts sorgen. „Unabhängig vom Ergebnis der Wahl bleiben die 2021 von der BVV gewählten Bezirksamtsmitglieder im Amt. Für eine Abwahl bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit in der BVV“, so der Bezirksamts-Sprecher. Ziel von Stefanie Remlinger sei es, Bezirksbürgermeisterin zu bleiben. Sollte eine andere Partei aber stärkste Kraft im Bezirk werden, so würde sie ihr Amt abgeben, sagt sie. Alles andere sei „demokratisch sehr fragwürdig“. Wer Remlinger als Bezirksbürgermeisterin behalten möchte, müsse im Februar „seine BVV-Stimme an die Grünen geben“.
Nach der Wiederholungswahl am 12. Februar werden laut der Pressestelle Gespräche zwischen den in der BVV vertretenen Fraktionen auf Grundlage der dann vorhandenen Mehrheitsverhältnisse geführt. Diese sollen auch über die Zusammensetzung des Bezirksamts entscheiden.
Kuriosa in anderen Bezirken
Die Wiederholungswahl sorgt auch in anderen Bezirken für Kuriosa. Im Wahlkreis Neukölln 2 etwa wurde bei den Erststimmen für die FDP ein Kandidat angegeben, der mittlerweile aus Berlin weggezogen und demnach auch nicht wählbar ist. Wer bereits per Briefwahl abgestimmt hat, muss erneut wählen.
Text: Katja Reichgardt