Mit einem Federkiel einer Vogelfeder wird Wachs auf ein Hühnerei aufgetragen.
Mit einem Federkiel einer Vogelfeder wird Wachs auf ein Hühnerei aufgetragen. Foto: Patrick Pleul/dpa/Archivbild

Die Zeit vor Ostern ist bei den Sorben und Wenden auch die Zeit des Eierbemalen. Sie sind bekannt für ihre bunt gemusterten, sorgsam gestalteten Ostereier.

Mit Gänsefeder und Wachs werden im Heimatmuseum Dissen (Spree-Neiße) derzeit wahre Kunstwerke gefertigt. Die Zeit vor Ostern ist bei den Sorben und Wenden auch die Zeit des Eierbemalens – sie sind bekannt für ihre bunt gemusterten, sorgsam gestalteten Ostereier.

Sorbische Tradition

Museumsleiterin Babette Zenker hat alle Hände voll zu tun, die vielen angemeldeten Kita- und Schulklassen zu betreuen. Geduldig erklärt sie Marlena, Lilly und Lotte die Maltechnik.

Für sie sei es eine große Freude, vor allem nach zwei Jahren Pause wegen der Corona-Pandemie, wie Zenker berichtet. Spätestens ab der zweiten Klasse fingen die Kinder mit den sorbischen Mustern an. „Je eher man sie heranführt, umso versierter sind sie“, so ihre Beobachtung.

Auf die ausgepusteten oder gekochten Eier wird erwärmter Wachs in unterschiedlichen Farben mit einer Gänsefeder auf das Ei geträufelt – es entstehen Punkte, Striche, Blüten, Sonnen.

Magische Zeichen

Das getrocknete Wachs wird später vorsichtig abgerieben, erst dann wird das Ei gefärbt. Diese Technik sei im 17. Jahrhundert erstmalig belegt worden, berichtet Zenker. Damals seien magische Zeichen auf die Eier gemalt worden.

Diese wurden dann über Äcker gerollt, um Fruchtbarkeit auf das Feld zu übertragen, beschreibt sie den alten Brauch. Das Ei sei zudem im christlichen Glauben Symbol für Auferstehung und für Leben.

Verschiedene Techniken

Die typisch sorbischen Ostereier werden mit verschiedenen Techniken gestaltet – etwa mit der so genannten Bossiertechnik, bei der mit einem Federkiel das flüssige Wachs auf die Eier gebracht wird.

Dabei entstehen unterschiedliche, symmetrische Muster. Bei der Kratztechnik werden auf die Eier nach einem Farbbad aus Essigwasser und Kalkfarben Ornamente mit einem scharfen Messer aus dem Ei gekratzt.

Die Techniken haben sich über viele Jahre durch Kunstschaffende weiterentwickelt, weiß die Museumsleiterin. Auf Ätztechnik werde mittlerweile verzichtet, da dabei mit Säure gearbeitet werde.

Verschiedene Bedeutungen

Die Symbole, die auf das Ei gemalt werden, haben verschiedene Bedeutungen, wie Melanie Mücksch erzählt. Die Kindergärtnerin ist mit Kitagruppen regelmäßige Besucherin. Dreiecke etwa stehen für Wolfszähne – aneinandergereiht symbolisieren sie Schutz vor dem Bösen und geben Kraft.

Blumen stehen für Erwachen, ein Herz für Liebe und Zuneigung, erklärt sie den Kindern. Solche Traditionen zu bewahren, habe mit Corona wieder zugenommen, beobachtet sie. Ihre Familie trifft sich jedes Jahr am Gründonnerstag zum gemeinsamen Bemalen.

Der sorbische Brauch des Eierverzierens wird bis heute in Dissen und angrenzenden Gemeinden im Süden Brandenburgs weitergegeben.

In Kindergärten und Schulen wird vor Ostern an diese Tradition erinnert. „Damit werden die Kinder hier einfach groß, manche geben das später weiter“, sagt Zenker.

Magische Wirkung

Ihre Tochter Franziska habe sich an ihrem Studienort in Jena eine kleine Werkstatt für die Fertigung der sorbischen Ostereier eingerichtet, berichtet Kathrin Schwella, die das Museum mit betreut.

Ganz nach Brauch verschenke sie die verzierten Eier, denn die Muster und Symbole sollen dem Volksglauben nach magische Wirkung auf den Beschenkten haben. Schwella ist in Brandenburg Vorsitzende des Rates der Angelegenheiten der Sorben und Wenden.

Ihre Tochter, an die sie den Brauch weitergegeben habe, sei mittlerweile eine «wahre Künstlerin». Im Familienchat werde um das künstlerisch schönste Ei gewetteifert.

Der Bemalkreis bei Museumsleiterin Zenker ist inzwischen größer geworden. Aus der Ukraine Geflüchtete sind hinzugekommen. Sie hätten das Angebot dankbar angenommen, sagt Zenker, die auch ukrainische Ostereier kennt.

Die Ukrainer hätten ähnliche Motive und Techniken beim Bemalen, da sie ebenso slawischen Ursprungs seien wie die Sorben. Das Ei gilt auch dort als Symbol für Wiedergeburt.

Text: dpa