Rathaus Charlottenburg Zählgemeinschaft Bezirksamt
Im Rathaus Charlottenburg hat die Bezirksverordnetenversammlung ihren Sitz.

Mit den Stimmen von Grünen und SPD hat das Bezirksparlament Charlottenburg-Wilmersdorf den Bezirkshaushalt 2022/23 beschlossen. Der Fokus auf Projekte zur Verkehrsberuhigung ist umstritten.

819.946.400 Euro plant der Bezirk in diesem Jahr an Ausgaben. Das meiste davon ist festgelegt für Kosten für Personal, Sozialausgaben, Schulen und die Jugendarbeit. Durch die Corona-Pandemie stehen dem Bezirk deutlich weniger finanzielle Mittel zur Verfügung, heißt es in einer Mitteilung der grün-roten Zählgemeinschaft in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV).

Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) hatte zusammen mit Amtskollegen anderer Bezirke in einem Schreiben an den Senat eine bessere finanzielle Ausstattung der Bezirke gefordert. Trotz dieses geringen Spielraums habe die grün-rote Zählgemeinschaft politische Schwerpunkt für die nachhaltige und sozial gerechte Umgestaltung des Bezirks gesetzt.

Geld für Kiezblocks

Dazu der Grünen-Fraktionsvorsitzende Sebastian Weise: „Jeder Doppelhaushalt ist einzigartig, der sehr geringe Spielraum beim Doppelhaushalt 2022/2023 aber im Besonderen. Es freut mich daher, dass wir als grün-rote Zählgemeinschaft beträchtliche Mittel für die Umsetzung von Kiezblocks festschreiben konnten.“

Mit einer Million Euro würden jährlich zwei Quartiere vom Durchgangsverkehr entlastet und die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum verbessert. So sollen Straßen für Kinder, Fußgänger und Radfahrende sicherer werden. „Es ist wichtig, dass wir Charlottenburg-Wilmersdorf ökologisch und sozial voranbringen“, so Weise.

Investitionen in sichere Schulwege

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Sempf ergänzt: „Dieser Haushalt ist auf Kante genäht und verlangt auch im weiteren Handeln noch große Anstrengungen. Trotz dieser Voraussetzungen setzen wir Schwerpunkte und investieren zum Beispiel zwei Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren in sichere Schulwege.“

Der SPD-Fraktion sei es ein wichtiges Anliegen gewesen, dass zusätzliche Landesmittel ohne Zweckbindung in die Bereiche Bildung, Nachhaltigkeit, Ausstattung und Digitalisierung fließen.

Eine Million Euro aus der Tiefbauunterhaltung sollen für sichere Schulwege verwendet werden. Mit einer weiteren Million Euro werden verkehrsarme Kieze geplant und Maßnahmen umgesetzt, um Durchgangsverkehr aus Wohnquartieren herauszuhalten.

Tagesreinigung in den Schulen

Zuletzt hatte der Senat angekündigt, den Bezirken weitere finanzielle Mittel unter anderem für die Tagesreinigung in den Schulen zukommen zu lassen. „Dies ist ein wichtiger Schritt, reicht aus unserer Sicht aber für eine adäquate Reinigung und Rekommunalisierung, wie wir sie uns vorstellen, noch nicht aus“, moniert Sempf.

Die FDP-Fraktion stimmte gegen das neue Budget für den Bezirk. Im Vorfeld hatten die Liberalen im Haushaltsausschusses weitreichende Änderungen vorgeschlagen. Dazu zählen Einsparungen im Umfang von etwa drei Millionen Euro pro Jahr und einen stärkeren Fokus auf Maßnahmen der Personalrekrutierung und Fortbildung.

„Der Umstand, dass der Haushaltsentwurf zunächst verfassungswidrig war und nun nach ein paar Rechentricks des Landes immer noch ein strukturelles Defizit von mehreren Millionen Euro vorsieht, ist für uns nicht tragbar“, erklärt Fraktionschef Felix Recke-Friedrich.

FDP sieht falsche Schwerpunkte

Und weiter: „Bis auf viele dramatische Worte war die grüne Bezirksbürgermeisterin offensichtlich auch nicht in der Lage, ihren politischen Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass der grüne Finanzsenator den Bezirken mehr Geld bewilligt.“

Die FDP bemängeln vor allem, dass der Haushalt eine „falsche Schwerpunktsetzung“ aufweise: „Wenn sich der Verkehrsstadtrat zwei Millionen Euro für politische Projekte wie den ökologischen Umbau von zwei Stadtplätzen aus Mitteln der Straßenunterhaltung genehmigen lässt, ist das falsch.“

Auch die Kosten im Zusammenhang mit der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung und den zahlreichen neuen Stellen bei der allgemeinen Verkehrsüberwachung seien in Zeiten von Sparpolitik unangebracht. „Für uns hat es oberste Priorität, dass der Bezirk endlich wieder seinen gesetzlichen Kernaufgaben in der Bürgerverwaltung nachkommt“, betont Recke-Friedrich.

Text: Nils Michaelis