Etwa 45 Minuten sprach der Bundespräsident mit Flüchtlingen und Helfern in dem Zelt der Stadtmission. Bild: Bernd von Jutrczenka, dpa
Etwa 45 Minuten sprach der Bundespräsident mit Flüchtlingen und Helfern in dem Zelt der Stadtmission. Bild: Bernd von Jutrczenka, dpa

Die Anerkennung für Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtlingen aus der Ukraine war dem Bundespräsidenten wichtig. Aber einen zweiten Aspekt betonte Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch am Berliner Hauptbahnhof am Donnerstag ebenso.

Mehrmals fiel dabei ein entscheidendes Wort. Er sei zuletzt gefragt worden, ob die Hilfsbereitschaft diesmal „dauerhafter“ sein müsse als 2015 und 2016 bei den syrischen Flüchtlingen und „einigen, wenigen Wochen der Willkommenskultur“, sagte Steinmeier nach Gesprächen in einem großen Zelt am Bahnhof. „Mein Eindruck ist sehr, dass die Deutschen wissen, dass wir uns hier dauerhafter verantwortlich fühlen müssen.“

Etwa 45 Minuten sprach Steinmeier mit Flüchtlingen und Helfern in dem Zelt der Stadtmission, wo Dutzende Tische und Bänke standen, an denen Menschen aßen und sich ausruhten. Eine ukrainische Familie schilderte ihm ihre Situation und musste anschließend zügig weiterreisen.

Nur auf Durchreise in Berlin

Nebenan saßen die 13-jährige Darja und ihre ältere Schwester, die ohne Eltern geflohen waren. Mehrere Tage dauerte ihre Reise aus Odessa im Süden der Ukraine, wo am Mittwoch russische Kriegsschiffe das Ufer beschossen. Sie seien in Berlin sehr freundlich begrüßt worden, wollten aber nicht bleiben, sagte Darja. „Wir würden gerne woanders hin und gerne in eine kleine Stadt fahren.“

Im Untergeschoss des Hauptbahnhofs standen Frauen, Kinder und einige Männer aus der Ukraine in langen Schlangen, um Fahrkarten für die Weiterreise zu bekommen. Wenige Meter weiter wurde eine Ecke für Kinder mit gespendeten Spielsachen, Malbüchern, Buntstiften, Puppen und Kuscheltieren eingerichtet.

An den Wänden hängen selbstgemalte Bilder mit Tieren, blaugelben Herzen und Sätzen wie: „Love Ukraine“ und „Spread Peace Not War“ (Verbreitet Frieden, nicht Krieg). Eine russische Fahne ist durchgestrichen.

Weinende Kinder in der Bahn

Dort suchte die 24-jährige Anastasia einen Kinderwagen für ihr fünf Monate altes Baby. Erst vor wenigen Stunden war sie über Prag in Berlin angekommen. „Ich fühle mich gestresst, in der Bahn saßen viele Kinder, die geweint haben.“

Gut strukturiert wirkt inzwischen der für Flüchtlinge vorgesehene Teil des Bahnhofs. Ein Bereich ist für kostenloses Essen und Trinken reserviert, an Tischen verteilen Helfer Hygieneartikel, Coronatests werden angeboten.

Zahlreiche Freiwillige in orangefarbenen, gelben, grauen, pinken und grünen Westen bieten in verschiedenen Sprachen Hilfe an. Psychologische Beratungen gibt es ebenso wie Unterstützung für Schwule und Lesben.

Ein Symbol der Hilfsbereitschaft

Steinmeier betrat das Bahnhofsgebäude am Donnerstag zwar nicht, betonte aber: „Der Berliner Hauptbahnhof ist in den letzten Tagen auch so etwas wie ein Symbol der Hilfsbereitschaft geworden.“ Er wolle allen Helfern dafür danken, „dass sie diese schwierige Arbeit auf sich nehmen und den Flüchtlingen etwas Wärme, etwas Zuneigung geben“.

150.000 bis 160.000 Flüchtlinge seien bislang in Deutschland angekommen, sagte Steinmeier weiter. „Menschen, die kommen, weil sie hier Freiheit und Frieden suchen, die flüchten vor grenzenloser Gewalt, die die Ukraine in diesen Tagen leider erfahren muss.“

Zu den ehrenamtlichen Helfern, mit denen Steinmeier sprach, gehörte auch Christian Hofmann. „Wir haben intensiv darauf hingewiesen, dass diese Initiativen vielleicht nicht so gewürdigt werden, wie sie gewürdigt werden sollen“, sagte er.

Viele Menschen mit Behinderung

Insgesamt sei das Gespräch aber gut verlaufen. „Ich geh mal davon aus, dass der Bundespräsident das mitgenommen hat und das vielleicht im Kopf behalten wird.“

Einen besonderen Aspekt bei der Betreuung von Flüchtlingen hatte ein weiterer Helfer im Blick: „Wir beobachten, dass sehr viele Menschen mit Behinderung auch aus der Ukraine flüchten“. Darunter seien etwa Menschen im Rollstuhl, mit Diabetes oder Gehörlose. „Wir dürfen diese Gruppe nicht vergessen.“

Text: dpa