Obdachlosigkeit in Berlin.

Weg von der Straße: Berlin startet drei Modellprojekte als Ganztagsunterkünfte für obdachlose Menschen.

Die Senatssozialverwaltung bietet obdachlosen Menschen ab diesem Winter neue Hilfsangebote an: Es sind drei Unterkünfte im Tag-und-Nacht-Betrieb (24/7) mit Versorgungs- und Sozialberatungsangeboten, die aus EU-Mitteln zur Corona-Wohnungslosenhilfe in Höhe von 11,4 Millionen Euro für eine Dauer von 24 Monaten finanziert werden.
 
Die drei Einrichtungen, eine davon nur für Frauen, werden von der Berliner Stadtmission, dem Internationalen Bund (IB) und der Stiftung zur Förderung sozialer Dienste (SFD) betrieben. Das Land Berlin hatte im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) zusätzliche Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro aus der Europäischen Aufbauhilfe React-EU erhalten.

Drei 24/7-Unterkünfte

Haus der Stadtmission, Auguststraße 82, 10117 Berlin, Platz für 80 Männer und Frauen, barrierearm, eine Frauenetage. Aktuell leben 25 Menschen in der 24/7-Unterkunft auf dem Gelände des Betreibers, der Berliner Stadtmission.

Happy Bed Hostel, Hallesches Ufer 30, 10963 Berlin, Einrichtung ausschließlich für obdachlose Frauen. Trans-Frauen sind willkommen, 50 Einzelzimmer mit eigenem Sanitärbereich. Betreiberin ist die Stiftung zur Förderung sozialer Dienste Berlin (FSD-Stiftung).

Ehemaliges Hostel Sezer, Adlergestell 129, 12439 Berlin, gemischtgeschlechtliche Einrichtung, Platz für 62 Menschen, eine Frauenetage, barrierearmer Zugang
Betreiber: Internationaler Bund Berlin-Brandenburg gGmbH. Derzeit sind mit dem Bezirk noch baurechtliche Fragen zu klären.

Anonymisierte Aufnahme

Die Aufnahme erfolgt unabhängig von Nationalität, Sprach- und Kulturzugehörigkeit, Geschlecht und Religion. Die Aufnahme ist anonymisiert möglich und bedarf keiner Kostenübernahme durch eine Sozialleistungsbehörde. Eine Meldeauflage besteht nicht. Die Projekte reagieren laut Senat auch auf die Problematik, dass in den bestehenden Unterkünften aufgrund der Corona-Pandemie zahlreiche Plätze in den Notübernachtungen  weggefallen sind.

Obdachlosigkeit beenden

Sozialsenatorin Elke Breitenbach nennt die neuen Modellprojekte als Maßnahmen für das von der EU formulierte Ziel, die Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 beenden zu wollen.

„Die Mittel aus dem EU-React-Programm haben wir dafür verwendet, wohnungslosen Menschen in der Stadt neue Unterkünfte im 24/7-Betrieb anzubieten. Unsere Erfahrungen mit diesen Unterkünften in der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass sich das Leben vieler obdachloser Menschen verbessert, wenn sie in einer sicheren Unterkunft leben, dort verpflegt und beraten werden und zur Ruhe kommen können.“

Neue Kraft und neuer Mut

Dr. Christian Ceconi, Direktor und Theologischer Vorstand der Berliner Stadtmission: „Wir haben während der Pandemie sehr gute Erfahrungen mit den neu geschaffenen 24/7-Einrichtungen gemacht. Denn sie bieten Menschen ohne Obdach zusätzlich zu Essen, Trinken und einem warmen Schlafplatz auch einen Schutzraum, an dem sie zur Ruhe kommen sowie durch eigenes Aktivwerden Wertschätzung und Selbstwirksamkeit erfahren können. Wenn der Stress des Lebens auf der Straße wegfällt, erhalten die Menschen so die Chance, neue Kraft und Mut zu fassen.“

Mario Hilberer, Leiter des Bereichs Wohnungslosen- und Behindertenhilfe beim Internationalen Bund Berlin-Brandenburg gGmbH: „Wir freuen uns, mit dem Betreiben einer 24/7-Einrichtung obdachlosen Menschen einen sicheren Raum zum Ankommen und Durchatmen bietet zu können. Die betroffenen Personen sollen dadurch die Chance erhalten, eigene Zielsetzungen zu verfolgen und mit psychosozialer Unterstützung Veränderungen ihrer Lebensumstände herbeizuführen und so weitere Hilfen in Anspruch nehmen zu können.“

Text: red, Bild: IMAGO / Jürgen Ritter