Nach gut einem Jahr ist der Streit um die Benennung der Pacelliallee in Dahlem beendet.
Die Pacelliallee behält ihren umstrittenen Namen, wird aber zu einem Geschichtslehrpfad umgestaltet. Das hat die Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf beschlossen. Mithilfe von Stelen an einzelnen Villen soll die Zeit des Nationalsozialismus in dieser Straße herausgearbeitet werden, heißt es in dem Beschluss, dem nur die AfD nicht gefolgt ist.
Darin heißt es: „Anhand der Geschichte einzelner Gebäude, die sich in jüdischem Besitz befanden, und anhand des Pfarrhauses von St. Annen, in dem Martin Niemöller tätig war, und als Klammer die Person des Nuntius Pacelli beziehungsweise des späteren Papst Pius XII., sollte eine Allee des Gedenkens und Nachdenkens entstehen“.
Einblick in eine dunkle Vergangenheit
Bei einer Umbennnung würde der Name Pacelli und die damit verbundene Geschichte in Vergessenheit geraten, heißt es weiter. „Mit einer Beibehaltung des Namens Pacelliallee, verbunden mit einem Konzept ,Historisches Gedenken entlang der Pacelliallee‘, sollte es möglich sein, Menschen einen Einblick in diese Zeit zu geben.“
Die Bezirksverordneten folgten einem Kompromissvorschlag des Historikers Julien Reitzenstein, der vor einem Jahr die Petition zur Umbenennung initiiert hatte. Seine Recherchen haben ergeben, dass die Zahl der jüdischen Hauseigentümer, die ihren Besitz und oft auch ihr Leben durch antisemitische Verfolgung verloren haben, hier weit höher als der Berliner Durchschnitt liege.
Reitzenstein hatte es gegenüber der „Berliner Zeitung“ als zumindest geschmacklos bezeichnet, „dass der Mann, der als Papst Pius Verantwortung dafür trug, dass sich unzählige antisemitische Täter mit Hilfe des Vatikans der Justiz entziehen konnten, heute Namensgeber eines Tatortes ist“. Stattdessen sollte die Straße nach der israelischen Politikerin Golda Meir benannt werden.
Antisemitische und frauenverachtende Äußerungen
Die einstige Cecilienallee wurde 1949 nach Eugenio Pacelli benannt, der seit 1939 als Papst Pius XII. Oberhaupt der katholischen Kirche war. Sein Wirken vor allem während der Herrschaft des Nationalsozialismus aber auch danach ist unter Historikern zumindest umstritten.
Reitzenstein verweist darauf, dass er nicht nur durch zahlreiche antisemitische und frauenverachtende Äußerungen aufgefallen sei. Er war als Kardinalstaatssekretär auf Seiten des Vatikan auch Initiator des 1933 mit Deutschland geschlossenen Reichskonkordats, das die Beziehungen zwischen dem deutschen Staat und der katholischen Kirche regelt.
Datum: 16. September 2021, Text: red/nm, Bild: IMAGO/Jürgen Ritter