Mit Mut und Offenheit stellte sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am vergangenen Samstag einer Diskussion mit den Verantwortlichen der Berliner Club- und Veranstaltungsszene.
In den Innenhof des Kreuzberger Musik-Clubs „Ritter Butzke“ hatte Kevin Kratzsch, stellvertretender Vorsitzender des deutschen Schaustellerverbandes und CDU-Bundestagskandidat für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg geladen. „Die Branche hat in den vergangenen beiden Jahren schwere Tiefen hinnehmen müssen. Die Existenzangst geht weiterhin um und jeder in der Branche will wissen, wie es weitergeht. „Komme ich jemals wieder in meinen Job?“ lautet die zentrale Frage vieler Kollegen“, eröffnete Kratzsch die in der Folge hitzig geführte Debatte rund um Covid-Einschränkungen in der Veranstaltungsbranche.
„Eigentlich hatte ich hier einen Termin in kleiner Runde erwartet. Wir reden über die Lage, dachte ich mir – nun ist es doch etwas größer geworden“, zeigte sich Jens Spahn etwas überrascht, angesichts der rund hundert Zuschauer und Medienvertreter. „Meine Club-Szene-Zeit in Berlin ist schon etwas länger her, aber ich kenne Berliner Clubs – ob sie es mir zutrauen oder nicht – besser, als Sie denken. Auch ich weiß, dass Berlin auf der ganzen Welt wegen seiner Clubs als Reiseziel berühmt ist“, eröffnete der Gesundheitsminister den Talk.
Größere Ansteckungsgefahr durch die Delta-Variante
Die vierte Welle der Corona-Pandemie stehe bevor und diese sei mit der Delta-Variante viel ansteckender, als die beiden vorangegangenen Varianten. „Aber – drei von vier Erwachsenen in Deutschland sind geimpft“, so der positive Teil seines Zwischenfazits.
Konkret auf die Veranstaltungsbranche gemünzt, forderte Pamela Schobeß, Vorstand der Berliner Club-Kommission Möglichkeiten zur weiteren Öffnung der Veranstaltungsorte: „Unsere Branche ist die Einzige, die seit 18 Monaten in geschlossenen Räumen nicht tätig werden darf. Bei allem Verständnis und den Alternativen, die wir probiert haben, kommen wir jetzt an eine Verständnisgrenze.“ Unter Anwendung von PCR-Tests und 3G-Vorgaben gäbe es aktuell genügend Möglichkeiten, wieder Tanz-Veranstaltungen in geschlossenen Räumen durchführen zu können. Das geschehe nicht. „Im Augenblick nehmen wir Jens Spahn und die Bundesregierung nur als Verhinderer wahr“, warf Schobeß den Gesundheitsminister vor.
Entwarnung erst ab 80-prozentiger Impfquote
„Niemand hat Spaß daran, Dinge zu verbieten. Das Virus ist der Spielverderber – und nicht der Gesundheitsminister. Erst bei einer Impfquote mit deutlich über 80 Prozent ist ein pandemiesicherer Herbst und Winter gewährleistet“, entgegnete Spahn und zeigte so die für ihn einzig mögliche Perspektive zu weiteren Öffnungen auch in der Veranstaltungsbranche: „Nur wenn die Delta-Variante die letzte Covid-Variante ist, der wir gegenüberstehen, haben wir eine gute Perspektive für die kommenden Monate.“
Einen „Freedom Day“, einen Tag, an dem alle Reglementierungen aufgehoben werden, könne es eines Tages nur unter diesen Voraussetzungen auch in Deutschland geben. „Stand jetzt gehen wir mit der 3G-Strategie und allen Schutzmaßnahmen durch den Herbst und den Winter“, so Spahn. Das Auftauchen neuer Covid-Varianten könnte diese Perspektive dennoch beträchtlich verändern. „Dann müssen wir uns erneut fragen: Ist die Variante ansteckender, als die vorhergehende? Macht sie kranker und helfen die Impfstoffe noch? Um das einzuschätzen, brauchen wir Untersuchungen und Zeit“, führte der Gesundheitsminister aus.
Mehr Kontakt zur Veranstalterbranche
„Auch vor der Erreichung der Impfquote von 80 Prozent wird es dennoch weitere Lockerungen geben“, so Spahn. In der Veranstaltungsbranche könnte dazu auch die Anwendung von tagesaktuellen PCR-Tests neue Öffnungsmöglichkeiten schaffen. „Grundsätzlich gilt aber: Wenn es uns gelingt, in den nächsten drei, vier Wochen zehn weitere Prozent der Menschen in Deutschland zu impfen, werden wir einen entscheidenden Schritt weiter sein“, so Spahn, der versprach, den Dialog mit Vertretern der Veranstaltungsbranche in Zukunft verstärkter und regelmäßiger führen zu wollen.
Datum: 28. August 2021, Bilder und Text: Stefan Bartylla