Alle vier Wochen werden gerade mal zwei Container für das Altglas von rund 800 Menschen in den WGLi-Genossenschaftshäusern bereitgestellt. Die Nachbarn in Friedrichsfelde wehren sich, doch eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht. 

Rosi Heyer ist sauer. Soviel Altglas wie in den vergangenen Monaten hat sich an den Müllcontainern in ihrem Wohnblock an der Mellenseestraße noch nie gestapelt. Jetzt, kurz vor Abholung des Glases türmen sich wieder einmal die  Flaschenmengen auf und neben den Glascontainern. Das sieht nicht nur hässlich aus, durch die  Altglashaufen wird auch Ungeziefer angelockt. „Ratten, Krähen und Insekten ,naschen‘ an den Soßen- und Limonadenresten, wenn die Stapel groß genug sind“, erzählt Nachbarin Lea. Alles rieche in den Tagen vor der Altglasabholung nach gegorenen Lebensmitteln, ergänzt Rentner Lothar. Die Glashaufen bereiten den Nachbarn zudem Sorgen, weil sie jeden Moment vom Winde verweht zu Scherbenhaufen stürzen könnten.

„Hier im Häuserblock gibt es 450 Wohnungen in denen schätzungsweise 800 Menschen leben. Das mit der Müllabfuhr funktioniert eigentlich ganz gut – nur die Sache mit dem Altglas gerät in jedem Monat zu einem Drama. Alle vier Wochen werden gerade mal zwei Container hier bereitgestellt und geleert. Das reicht für die Leute doch hinten und vorne nicht“, erklärt Rosemarie Heyer, die in ihrer WGLi-Genossenschaftswohnung schon seit fast 50 Jahren wohnt. „Zu DDR-Zeiten gab es die Rohstoffverwertung mit dem SERO-System. Da bekamen wir bei der Abgabe sogar noch Geld für das Glas. Später funktionierte die Abholung mit der BSR auch noch ganz gut. Seitdem der Senat aber die Testphase mit den Straßencontainern ab 2014 durchgeführt hat, ist der Wurm drin“, erklärt Rosi Heyer.

 

 

 

 

 

 

 

Altglas-Iglus mit negativem Effekt

Damals wurde in drei Berliner Bezirken – unter anderem auch in Lichtenberg – die Umstellung vom Holsystem zum Bringesystem als Pilotprojekt gestartet und sämtliche wohnortnahen Altglascontainer abgezogen. Die Nachbarn sollten ihr Glas in die Iglu-Container am Straßenrand einwerfen. Das sollte die Transportkosten senken und das System für die Recyclingfirmen wirtschaftlicher machen. Nach Ablauf der dreijährigen Pilotphase stellte man jedoch fest, dass das Altglasaufkommen stark zurückgegangen und die Menge an Restmüll dafür stark gestiegen war. Die Nachbarn trennten das Altglas nicht mehr, sondern entsorgten es gleich im großen Behälter mit dem Restmüll. Das Bringesystem war gescheitert und das Comeback der Glastonne im Müllkastengatter am Haus wurde vom Senat beschlossen. Zumindest theoretisch.

Comeback mit großen Schwierigkeiten

„Um die haushaltsnahen Altglascontainer nach dem Scheitern des Pilotprojekts zurück zu bekommen, gelang es uns nur mit sehr viel Mühe und zahlreichen Gesprächen  an acht von ehemals 40 Standorten die Rückführung der Altglascontainer auf die Grundstücke in Friedrichsfelde durchzusetzen“, sagt dazu WGLi-Vorständin Monika Thiele. Seit Ende September 2019 stehen die Container nun wieder an den Standorten. Insgesamt acht Stück für rund 2.000 Menschen. Geleert werden diese bestenfalls alle vier Wochen. „Es gibt immer wieder Probleme mit den Leerungszyklen. Es werden dafür immer wieder Firmen als Subunternehmen eingesetzt, auf die wir keinen Einfluss und keine Vertragsbeziehung haben“, so Monika Thiele. Da das Ziel aller an diesem Prozess beteiligten Entsorgungsunternehmen aber weiterhin die Umstellung auf das Bringesystem, der Iglu-Aufstellung im öffentlichen Raum sei, gestalte sich eine Reklamation sehr kompliziert, erklärt die Vertreterin der WGLi.

Brief an den Senat

Heyer nervte das Thema indes so sehr, dass sie sogar den Berliner Senat zur Lösung der Misere per Petition aufforderte. In einer Antwort auf die Frage, warum nichts geschehe, teilte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ihr noch vor wenigen Wochen mit, dass man sich nach Eingang von Rosemarie Heyers Beschwerde umgehend an die Unternehmen gewandt habe, die im Jahr 2013 mit dem Abzug der Sammelbehälter involviert waren. Demnach gäbe es im Umfeld aktuell sechs große Bunt- sowie Weissglascontainer die im Wochenrhythmus geleert werden würden. Die  Flaschenmengen auf und neben den Glascontainern an der Mellenseestraße lassen so einen Rhythmus indes nicht vermuten. Rosi Heyer und ihre Nachbarn wollen nun dran bleiben und dafür sorgen, dass es wieder sauberer wird in den Höfen an der Mellenseestraße. Und vielleicht hilft deren Aktion auch in anderen Kiezen weiter, in denen es mit der Hausglastonne noch immer nicht so richtig funktioniert.

Datum: 10. April 2021, Text: Stefan Bartylla, Bilder: Stefan Bartylla und privat