Damit Menschen, die auf der Straße leben, Hoffnung auf ein besseres Leben schöpfen, müssen sie ihre eigenen Ressourcen aktivieren. Das soll künftig im Zentrum am Zoo in Charlottenburg geschehen. Bei der Berliner Stadtmission erhalten Bedürftige psychologische Beratung, Sozialberatung und mehr.

Von Oktober 2019 bis Februar 2021 wurde in den S-Bahnbögen unter dem Fernbahnhof Zoo um- und ausgebaut. “Christiane F.“ gehört zu den prominenten Zeitzeugen, die die Räume der ehemaligen Polizeistation 24 gut kennen. Sie berichtet in dem Bestseller „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ von ständigen Kontrollen und davon, wie sie hier oft in Gewahrsam genommen wurde.

Ein faltbarer Altar im Andachtssaal

Zwei der ehemaligen Arrestzellen sind auch nach dem Umbau als Objekte der Zeitgeschichte erhalten geblieben. Im Foyer hängen zudem noch die alten Zellentüren, auf denen einst die Insassen ihre Kommentare eingeritzt und hinterlassen hatten.

Für das neue Zentrum wurden die übrigen Räume zu größeren, offenen Sälen gestaltet. Die wenigen noch vorhandenen Zwischenwände sind transparent gebaut – alles ist lichtdurchlässig und einsehbar. Es gibt eine schalldichte Kabine für kleinere Gesprächsrunden, ein großes offenes Foyer, einen Saal mit Küche und einen Saal im hinteren Bereich, der für Andachten und Gottesdienste genutzt werden kann und mit einem faltbaren Altar ausgestattet ist.

Das ursprüngliche Backsteingewölbe wurde erhalten. Man wolle sichtbar machen, dass der Ort in den 1970er- und 1980er-Jahren als Polizeiposten mit sogenannten „Ausnüchterungszellen“ genutzt wurde, erklärt eine Sprecherin der Berliner Stadtmission bei einem Rundgang durch die Räume.

Das will das „Zentrum am Zoo“

„Essen, Schlafsäcke, Dusche und Toilette – alle greifbaren Dinge, die obdachlose Menschen brauchen, um den Tag zu überleben, wird es weiterhin im angeschlossenen Teil der Bahnhofsmission in der Jebenstraße geben”, erklärt Wolfgang Nebel, Koordinator des neuen Zentrums, das genau wie die Räume der Bahnhofsmission auch von der Berliner Stadtmission betrieben wird.

Es brauche aber mehr zum Leben. In den neuen Räumen habe man die Möglichkeit, genügend Ruhe für Beratung, Platz für Begegnung, Ablenkung vom Alltag, für Andachten oder gemeinsame Aktionen, Workshops und Fortbildungen anzubieten.

Begegnungen verändern die Menschen

Drüben in der Bahnhofsmission sei alles eng und auf den reinen Versorgungszweck ausgelegt. “In den neuen Räumen haben wir die Chance, auch ganz normale Passanten herein zu holen, die sich mit den Menschen aus der ganz anderen Lebenswelt zusammensetzen können. Hier kann Begegnung auch mit kulturellem und spirituellem Background stattfinden”, sagt Nebel. Begegnungen würden die Menschen verändern. Genau das wolle man erreichen.

„Auch Besuchergruppen wie Schulklassen oder Unternehmen sollen hier an Führungen, Schulungen, Vorträgen und Kursen teilnehmen können“, erklärt der Koordinator. Kooperationen mit Behörden, Ämtern und Menschen in Sicherheitsdiensten würden aktuell entstehen und seien an diesem authentischen Ort besonders gut gestaltbar,

„Wir hoffen, dass wir auch den scheinbar ganz normalen Menschen hier Hilfestellungen anbieten können”, sagt Dagmara Lutoslawska, die Psychologin im Zentrum am Zoo. Armut und auch Obdachlosigkeit seien schließlich in fast allen Gesellschaftsschichten Deutschlands präsent. “Krisensituationen durch Trennungen in Partnerschaften, wirtschaftliche Schicksalsschläge oder Arbeitslosigkeit kann jeden treffen“, erklärt die Psychologin.

Mittwochs von 10 bis 13 Uhr gibt es eine offene Sprechstunde, zu der die Psychologin eine wöchentlich stattfindende Beratung anbietet.

Besucher sind willkommen

Damit das Zentrum am Zoo gut funktioniert und Menschen sich dort bilden, begegnen und beraten lassen können, hofft die Berliner Stadtmission auf großes Interesse und Besuch von vielen neugierigen Berlinern sowie Zugereisten.

“Sie sollten zusammen mit den Gästen eine große Portion Neugier und Mut zum Mitgestalten des Ortes mitbringen. Es wäre schön, wenn viele Menschen Lust haben, andere Lebenswelten zu entdecken und kennen zu lernen” , sagt der Projektkoordinator. Außerdem seien auch wohlwollende Unterstützer, Besucher sowie Kooperationspartner gerne gesehen.

Stream der Berliner Stadtmisson

Link zum Zentrum am Zoo

Datum: 10. Februar 2021, Text und Bild: Stefan Bartylla