Eine Ausgangssperre ist unter Gesundheitsexperten umstritten.
Wer dieser Tage im Görlitzer Park und anderen Grünanlagen unterwegs war, konnte die Corona-Krise fast vergessen. Familien und Paare flanierten auf den Wegen, spielten im Gras oder sonnten sich auf den Bänken. Was man eben an einem sonnig-warmen Frühlingstag so macht. Doch solche Bildern könnten bald passé sein. Das legt der Blick in andere europäische Länder nahe, die weitaus drastischer gegen die Pandemie vorgehen. Doch auch in Berlin und dem Rest der Republik wird es ungemütlicher. Am Montag haben Bund und Länder beschlossen, das öffentliche Leben weiter einzuschränken. Zahlreiche Läden sollen schließen, ausgenommen sind unter anderem Supermärkte, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser und Banken. Restaurants und Gaststätten sollen nur noch zwischen 6 Uhr morgens und 18 Uhr abends öffnen dürfen. Kneipen, Theater, Kinos, Konzerthäuser und Museen bleiben dicht.
Dörfer abgeriegelt
War es das schon? Von Ausgangssperren ist in Berlin und dem Rest der Republik bislang nicht die Rede. Anderswo hingegen schon. Nach Italien verhängten auch Spanien und Frankreich eine landesweite Ausgangssperre. In Paris wurden am Montag öffentliche Parks und Gärten geschlossen. Tschechiens Polizei riegelte 21 Städte und Dörfer im Osten des Landes ab. In Großbritannien denkt man darüber nach, über 70-Jährige für vier Monate zu isolieren. Ist es nur eine Frage der Zeit, dass auch hierzulande die Menschen zuhause bleiben müssen und nur für die Arbeit, Besorgungen oder Arztbesuche vor die Tür dürfen? Der Bundesregierung und dem Berliner Senat wird immer wieder vorgeworfen, zu lasch mit der Viruskrise umzugehen. Doch sind radikale Maßnahmen auch immer die richtigen?
Kaum Wirkung
Bislang lässt sich nicht feststellen, dass das Vorgehen der italienischen Behörden das Ausmaß der neuartigen Lungenkrankheit besonders wirksam eingedämmt hat. Die Zahl der Toten steigt weiterhin dramatisch. Ohnehin sind Ausgangssperren umstritten. Virologen weisen darauf hin, dass Menschen jeden Alters frische Luft brauchen, um ihr Immunsystem intakt zu halten. Und gerade das zählt, um sich gegen ansteckende Krankheiten zu schützen. „Die ganze Republik jetzt in die Bude einzusperren, dafür gibt es keine medizinische Indikation“, sagte der Virologe Alexander Kekulé in der Talkshow „Anne Will“. Spaziergänge im Park mit der Familie hält er sogar für vernünftig.
Das Robert-Koch-Institut rät allein Menschen, die Atemwegserkrankungen haben, generell zuhause zu bleiben. Hingegen wird jedem beispielsweise empfohlen, zu anderen einen Abstand von zwei Metern einzuhalten und sich regelmäßig die Hände zu waschen.
Datum: 18. März 2020, Text: Nils Michaelis, Bild: imago images/photothek