Philip Morris entlässt 950 Mitarbeiter zum Ende des Jahres.
Nur wenige Tage vor dem Weltnichtrauchertag wurde bekannt gegeben, dass die Zigarettenfabrik von Philip Morris an der Neuköllnischen Allee geschlossen wird. Ab 1. Januar kommenden Jahres werden hier keine Marlboros, Chesterfields und Co. mehr produziert. Das teilte das Unternehmen mit.
Der rückläufige Tabakkonsum sei Grund für diese Entscheidung. Eine Hiobsbotschaft für die 950 von 1.050 Mitarbeiter, die entlassen werden sollen. Philip Morris produziert seit 1972 in Neukölln, eine weitere Produktionsstätte befindet sich in Dresden. Hier sind keine Stellenstreichungen vorgesehen.
Gespräche mit Betriebsrat
Schwer nachvollziehbar findet Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) diese Ankündigung, habe das Unternehmen doch stets erfolgreich am Neuköllner Standort produziert. „Die Schließung des Werkes ist ein harter Schlag für den Standort Neukölln“, sagt er. Nachdem er von den Plänen erfahren hat, habe Hikel sich umgehend mit dem Berliner Verantwortlichen von Philip Morris getroffen und dringend darum gebeten, die Schließungspläne noch einmal zu überdenken. Absolut notwendig sei, dass mit Betriebsrat und Gewerkschaft ein Sozialplan für die Beschäftigen erarbeitet wird. Man wolle für die betroffenen Mitarbeiter „faire und sozialverträgliche Lösungen“ vereinbaren, dazu sollen Gespräche mit dem Betriebsrat stattfinden, so der Konzern gegenüber der „Berliner Zeitung“.
Unverantwortlicher Schritt
Für die Mitarbeiter kam die Nachricht wie aus heiterem Himmel auf einer Betriebsversammlung. Gewerkschafter sprechen von einem unverantwortlichen Schritt, arbeite das Berliner Werk doch hochprofitabel. „Es ist heuchlerisch, wenn Philip Morris seit Jahren die Leistungen und den Einsatz der Mitarbeiter betont und ein ’verantwortungsvolles, langfristiges und stabiles Wachstum’ proklamiert und mit einem Schlag diese Leute, die dem Unternehmen seit Jahrzehnten Milliardengewinne erwirtschaftet haben, auf die Straße setzt und ohne Not damit auch ihren Familien die Lebensgrundlage entzieht“, sagt Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die NGG werde um die Arbeitsplätze im Berliner Werk von Philip Morris kämpfen und die Beschäftigen bei ihren berechtigten Forderungen nach einem Interessenausgleich und Sozialplan unterstützen.
Neue Jobs
Hikel habe bereits die Agentur für Arbeit gebeten, sich sofort um die Beschäftigtenstruktur zu kümmern und alle Vorbereitungen zu veranlassen. Es wird in den kommenden Monaten darum gehen, für 950 Menschen neue Jobs zu finden, damit sie und ihre Familien keine Existenz Angst haben müssen. „Die Auszubildenden müssen in anderen Betrieben ihre Ausbildung fortsetzen können. Das alles setzt viel Vorbereitung voraus und wird in jedem Fall ein Kraftakt werden“, so Hikel. Die nicht mehr benötigten Flächen auf dem Fabrikgelände könnten allerdings entwickelt und damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden. „Dazu werden wir mit den Eigentümern Gespräche aufnehmen“, kündigt Hikel an.
Markt ist rückläufig
Obwohl die Zigarette weiterhin das Tabakprodukt Nummer eins ist, ist der Markt in Deutschland seit vielen Jahren rückläufig. Das Statistische Bundesamt listet für 2018 74,36 Milliarden Zigaretten auf, für die von Tabakunternehmen Steuerkennzeichen beantragt wurden. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Rückgang von 1,9 Prozent. Anfang der 1990er-Jahre waren die Zahlen noch fast doppelt so hoch.
Datum: 6. Juni 2019, Text: Sara Klinke, Bild: imago images/Steinach, Schöning