Hauptgebäude Tegel
Viele Reisende im Flughafen Tegel unterwegs

Berlin-Tegel hautnah – das Berliner Abendblatt nimmt Abschied vom „welttollsten Flughafen“


Am 8. November geht der Flughafen Tegel endgültig in den Ruhestand. Diesem welttollsten Airport
haben Julia und Evelyn Csabai ihr Buch „Allerletzter Aufruf Tegel“ gewidmet.
Die Autorinnen leiteten viele Jahre lang ein Team von Interviewern, das Umfragen unter
Passagieren durchführte. In unserer Serie bringen wir daraus ein paar der skurrilsten Anekdoten.


Ich stapfte weiter den Gang entlang und stolperte fast über einen am Boden schlafenden jungen Mann. Nichts Seltenes. Neulich zum Beispiel schlief eine komplette italienische Schulklasse auf dem Boden: nach Alkohol muffelnd, Arm in Arm, Bein an Bein, Hintern an Hintern, mit unschuldig seligem Lächeln auf den Lippen. Die leisesten Italiener, die ich je gesehen habe. Ständig traf man in Tegel auf irgendeinen Obdachlosen, der hier oder da schlummerte, doch noch nie habe ich einen Schlafenden vor einem Ankunftsgate, mitten im Durcheinander der Wartenden gesehen!

Er lag auf dem Bauch und schlief tief und fest. Ein gut angezogener junger Mann mit angesagten Markenklamotten. Ich überlegte, ob er Hilfe braucht. Die Passagiere rieselten langsam aus dem Gate. Da kam eine junge Frau zu ihm, legte ihre Tasche ab, fing an ihn sanft zu streicheln und wachzuküssen. Leise flüsterte sie ihm zu „Ich bin gelandet.“ Lächelnd öffnete er die Augen, sie umarmten sich, standen auf und gingen. Vermutlich nach Hause, um weiterzuschlafen.

Nächster Mülleimer

Nicht alle Landungen und Ankünfte sind so sanft. Eine Mutter und ihr kleines Kind stürmten aus dem Gate. Passend zum Kleid der Mutter schimmerte das Gesicht des Mädchens purpurrot. Plötzlich wurde es gelb, dann grün. Sie rannten zum nächsten Mülleimer. Die Mutter schaute noch schnell auf die Aufschriften – Restmüll – Papier – Kunststoff – und schob den kleinen Kopf in letzter Sekunde über den Restmüll. Einen Augenblick später erbrach das Mädchen. Reiseaufregung. Pepe, der Securitas-Mitarbeiter am Ausgang des betroffenen Ankunftsgates, telefonierte schon nach einer Reinigungskraft.

Großer Schreck

Zeit zu gehen, dachte ich. Als ich mich umdrehte, flitzte ein kleiner Junge an mir vorbei und verschwand durch die sich gerade öffnende Tür im Sicherheitsbereich. Pepe hatte wieder den Telefonhörer in der Hand, die Eltern redeten verzweifelt auf ihn ein. Sein Blick schien sie zu beschwichtigen. „Ich darf leider die Kontrollstelle nicht verlassen, aber ich habe gerade Hilfe gerufen. Wenn der Kollege da ist, hole ich den Kleinen sofort zurück.“

Zum Glück zeigten die Eltern Verständnis. Der Junge konnte ja dort nicht raus, er würde mit einem Schreck davonkommen. Es gab Eltern, die sich mit Gewalt Zutritt zum Sicherheitsbereich verschafften, um ihre Kinder zu holen. Pepe sagte: „Wir hatten hier wirklich schon alles. Die komplette Palette.“