Verkehr: Vor 40 Jahren versprochen – nun kommt Bewegung in die Debatte zum Ausbau der U-Bahnstrecke.

Ein ganz normaler Tag am U-Bahnhof Wittenau: Im Berufsverkehr drängeln sich Tausende Pendler und Schüler; überfüllte Busse kommen im Minutentakt; der Wilhelmsruher Damm ist dicht; Hektik allerorten. Der tägliche Wahnsinn am Rande des Märkischen Viertels.

Wieder Bewegung

Die Großsiedlung mit ihren fast 40.000 Bewohnern ist eine der letzten Berlins ohne direkten Schnellbahnanschluss. 1970, als hier alles begann, noch vollmundig versprochen, wurde es mit den Jahren ruhiger um den U-Bahn-Bau. Und seit 1994, als der Endpunkt Wittenau in Betrieb ging, schloss der Senat eine Verlängerung ins Märkische Viertel ganz aus. „Nicht sinnvoll, zu teuer“, hieß es damals und man setzte auf Busse. Jetzt ist wieder Bewegung in die Diskussion gekommen. Die Hoffnung wächst, dass das „MV“ bald unterirdisch direkt zu erreichen ist. In verständlicher Einmütigkeit machen sich Reinickendorfer CDU und SPD seit Jahren stark für das Bauvorhaben. Mit Unterschriftsaktionen – im morgendlichen Berufsverkehr am U-Bahnhof Wittenau auch eingeholt von Bezirksbürgermeister Frank Balzer und dem örtlichen Abgeordneten Michael Dietmann (beide CDU) – und beharrlichen Hintergrundgesprächen trommeln beide Parteien für das Projekt. Diese Beharrlichkeit scheint sich auszuzahlen.

Auf der jüngsten Senatssitzung im Reinickendorfer Rathaus zeigten sich Regierender Michael Müller und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (beide SPD) erstmals aufgeschlossen gegenüber einer U-Bahn-Verlängerung. Damit dies kein Wahljahr-Versprechen bleibt, muss nun rasch gehandelt werden. „Wir haben gute Argumente“, sagt Thorsten Karge, SPD-Abgeordneter im Berliner Parlament. „Sie haben nun offensichtlich auch den Senat überzeugt. Jetzt müssen wir schnellstens mit einer verbindlichen Zeit- und Terminplanung beginnen – 2017 das Planungsrecht schaffen, 2018/2019 die Mittel für den Bau binden. Mitte der 2020-er Jahre könnte die Bahn dann fahren.“ Die guten Argumente liegen auf der Hand: Der Tunnel für die Abstellanlage ragt bereits knapp 600 Meter ins „MV“ hinein; es brauchte noch etwa 800 Meter und einen Endbahnhof für eine direkte Verzahnung der Strecke. Nach vorliegenden Machbarkeitsstudien würde das Ganze bis zu 80 Millionen Euro verschlingen; davon trüge der Bund rund 60 Prozent, der Anteil Berlins läge damit bei etwa 25 Millionen.

Gut investiert

„Eine überschaubare Größenordnung und gut investiertes Geld“, ist auch Reinickendorfs Bezirksrat für Stadtentwicklung, Martin Lambert (CDU), überzeugt. Zumal BVG und Baukonzerne nach Fertigstellung der „Kanzlerbahn“ in Mitte Manpower und Kapazitäten frei hätten.

Jürgen Zweigert / Bild: imago stock&people