Das denkmalgeschützte Lichtspielhaus soll einem Büro- und Kongresszentrum weichen.

Die Botschaft war klar: „Wir verlieren unseren Arbeitsplatz und ihr einen Lieblingsort!“, war auf einem Stofftransparent zu lesen, das über den Eingangsbereich des Lichtspieltheaters Colosseum gespannt worden war. Über den „einstigen Eingangsbereich“ müsste man eigentlich schreiben, denn während viele andere Berliner Kinos seit dem 2. Juli wieder den Spielbetrieb aufgenommen haben, werden die Vorhänge im Traditionshaus in der Schönhauser Allee 123 wohl nie wieder aufgehen.

Betrieb unrentabel

Am 20. Mai hatte die Betreiberfirma Insolvenz angemeldet. Begründet wurde dieser einschneidende Schritt mit der Corona-Krise. Wegen der bestehenden Hygieneauflagen sei auf unabsehbare Zeit kein rentabler Betrieb des Colosseums möglich, teilte Insolvenzverwalter Sebastian Laboga mit. „Um kostendeckend wirtschaften zu können, muss die durchschnittliche Auslastung des Kinos bei etwa 70 Prozent liegen“, äußerte sich Laboga gegenüber dem Tagesspiegel. Aufgrund der Sicherheitsauflagen und Hygienekonzepte wäre das nicht zu erwarten, da ab dem 2. Juli zwischen den einzelnen Zuschauern ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern eingehalten werden müsse.

Modernes Kino

Für das Gros der Angestellten sind das nur vorgeschobene Gründe. In Wirklichkeit hätten die Eigentümer keine Lust mehr auf Kino. Das Pikante daran: Das über 100 Jahre alte Lichtspielhaus gehört einer Gemeinschaft von sechs Erben des 2019 verstorbenen Filmmoguls Artur Brauner, der das Kino nach der Wende übernahm, es mit viel denkmalpflegerischem Aufwand zu einem modernen Multiplex-Kino umbauen ließ.

Datum: 2. Juli 2020, Text: Manfred Wolf/Red., Bild: imago images/Seiffern