Nach mehreren Wutbriefen greift die Politik das Thema Kopfsteinpflaster im Dichterviertel auf.
Im Dichterviertel Lichtenrade kursierte jetzt ein anonymes Flugblatt, das Bürger zu Wutbriefen über die schlechten Straßen an das Bezirksamt, an Politiker und Presse animierte. Seitdem trudelten auch beim Berliner Abendblatt mehrere solcher Briefe ein – aus vielen spricht der Ärger über die jahrzehntelange Untätigkeit der Bezirksregierungen.
Schlaglöcher kosten
„Es ist ein totales Versagen, Herr Krüger, was Sie zu verantworten haben“, heißt es in einem Schreiben. Adressat ist hier der zuständige Bezirksstadtrat Daniel Krüger (CDU). Die Bodenwellen und Schlaglöcher senken demnach nicht allein den Fahrkomfort, sie schlagen vielmehr direkt auf den Geldbeutel durch: „Hatte bereits mehrere 1.000 Euro an PKW-Schäden wegen Stoßdämpfern, schönen Dank auch, Bezirksamt Tempelhof!“ Neben dem hohen Verschleiß am Auto kritisieren die Bürger, dass das Fahrradfahren auf der Strasse fast unmöglich sei, Motorrollerfahren wegen der kleinen Räder sogar „lebensgefährlich“.
Die Probleme bestünden allerdings nicht nur im Dichterviertel, sondern auch rund um den Dorfteich oder im Bayerischen Viertel. Dabei fordern die Verfasser der Briefe etwa die Asphaltierung der gesamten Halker Zeile, der Grimmstraße und der Goethestraße – derzeit seien diese für den Verkehr wichtigen Verbindungen in einem „Zustand aus dem Jahr 1920“. Und eine Sanierung mit EU-Geldern hätte schließlich auch in der Rixdorfer Strasse in Mariendorf funktioniert – aber erst, nachdem sich auch dort die Anwohner massiv beschwert hätten.
Für umfangreiche Sanierungen stehen jedoch laut Bezirksstadtrat Daniel Krüger keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung. Eine einfache Asphaltierung der Straßenoberfläche würde das Problem der Hebungen und Senkungen langfristig nicht lösen, hier seien umfangreiche Planung, weitere Akteure und zusätzliche Mittel nötig. „Um jedoch zumindest die konkreten Gefährdungen im Zaum zu halten, lasse ich regelmäßige Begehungen zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit durchführen. Wohl wissend, dass die Straßenqualität Komfortansprüchen nicht genügt.“
Dörflicher Charme
Neben Bezirksstadtrat Krüger steht auch der Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak in den Briefen unter Beschuss, er gilt als Verfechter des „dörflichen Charmes aus anno 1900“. Luczak, der selbst in dem Gebiet lebt, befragt nun die Anwohner selbst, ob sie lieber das „stadtbildprägende Kopfsteinpflaster“ haben wollen, oder doch den Asphalt – was allerdings auch zu mehr Verkehr und höheres Fahrtempo führen könnte. Auch Frank Behrend, Vorsitzender des Grundeigentümervereins Berlin-Lichtenrade, will in den kommenden Wochen seine rund 3.000 Mitglieder befragen und sich erst dann als Verein positionieren. „Persönlich finde ich den Zustand der Gehwege allerdings viel schlimmer“, sagt Behrend.
Daniel Seeger, Bild: Michael Kempf