Letzter Teil unserer Serie über den Flughafen Tegel: Warum es früher mehr Stammgäste gab.


Am 8. November ist der Flughafen Tegel in den Ruhestand versetzt worden. Diesem Airport haben Julia und Evelyn Csabai ihr Buch „Allerletzter Aufruf Tegel“ gewidmet. Die Autorinnen leiteten viele Jahre lang ein Team von Interviewern, das Umfragen unter Passagieren durchführte. In unserer Serie bringen wir daraus ein paar der skurrilsten Anekdoten.


Mehrere Theorien

Fluggäste sind eine Schar von bunten Vögeln, und am Flughafen sieht man alle möglichen Vogelarten. Es gibt aber eine Art von Kunden, die für jedes Unternehmen besonders wichtig sind, denn sie bringen hohen Umsatz und Gewinn: die Stammkunden.

Auch Fluggesellschaften versuchen, fliegende Kunden an sich zu binden, mit Rabatten oder Vielfliegerprogrammen, die diverse Vorteile bieten. Früher haben bei der Kundenbindung auch die Airline-Mitarbeiter eine wichtige Rolle gespielt. Denn es gab eine Zeit, in der das Internet noch nicht existierte. Es gab eine Zeit, in der persönliche Bindungen für Kunden wie für die Airline noch wichtig waren.

Richtig Ärger

Die täglich fliegende Qatar Airways gilt in Tegel als eine der exotischen Fluggesellschaften. Eine Schlüsselperson der Airline war Mai. Sie hat bereits für Pan Am am Flughafen gearbeitet, dann für Delta und jetzt für Qatar. „Doha ist ein großes Drehkreuz. Eigentlich besteht Katar nur aus einigen Hochhäusern und der Airline“, lacht Mai.

Arabische Fluggäste, so Mai, seien viel verwöhnter als europäische. „Wir haben viele Stammgäste, die wegen des guten Services mit uns fliegen. Wir achten wirklich auf alles. Viele arabische Männer möchten zum Beispiel nicht, dass ihre allein fliegende Frau oder Tochter neben einem Mann sitzt. Da muss man wirklich gut aufpassen, sonst gibt es richtig Ärger.“

Durchschaubares Muster

Nicht nur die Airlines und ihre Mitarbeiter, auch der Flughafen selbst zieht Stammgäste an. Das teuerste Restaurant am Flughafen Tegel hat ebenfalls einen stets wiederkehrenden Stammgast. Besser gesagt, zwei Stammgäste in einer Person. Der Herr aus Berlin kommt immer sonntags. In einer Woche bestellt er ein stilles Wasser und Ofenkartoffeln, in der anderen Bitter Lemon und Lachsfilet.

Wenn aber der Kellner ihn fragt: „Heute wieder Wasser und Ofenkartoffeln?“, dann tut er überrascht, als hätte er dieses Gericht noch nie hier gegessen, und bestellt dann den Lachs und ein Bitter Lemon. Fragt man ihn hingegen, ob es heute wieder Bitter Lemon und Lachsfilet sein darf, ordert er die Kartoffeln. Lässt man ihn jedoch in Ruhe, bestellt er genau nach seinem Muster, in der einen Woche die Kartoffeln, in der anderen den Lachs.

Espresso-Zwillinge

Die Müdigkeit treibt die Stammkunden der Espressobar regelmäßig an den Stand. Zu den extremsten Kaffeeanbetern gehört, besonders bei den Frühschichten, ein Geschwisterpaar. Ihr häufiges Erscheinen und ihre immer gleiche Bestellung – „Wir hätten gerne zwei Espressi, einmal mit, einmal ohne Zucker.“ – hat ihnen den Spitznamen Espresso-Zwillinge beschert, und mittlerweile setzen die Mitarbeiter die zwei Espressi schon auf, wenn sie die beiden kommen sehen.

Datum: 26. November 2020, Text: Redaktion, Bild: : imago images /imagebroker/Kröger