Viele Stellen im Hochbauamt von Steglitz-Zehlendorf sind unbesetzt.
Scheitert die Schulbauoffensive des Senats an der Personalnot im Bezirk? Ein in einem Zeitungsbericht veröffentlichter Aktenvermerk sorgt unter Bezirkspolitikern für große Besorgnis. „Unter den gegebenen Umständen ist die AG Hoch 4 bis Ende 2019 nicht in der Lage Projekte zu betreuen. Sofern in den kommenden zwölf Monaten acht Elektro-, ein Fernmelde-, vier HLS-Ingenieure sowie eine Gruppenleitung rekrutiert werden, kann ab 2020 mit der ,normalen‘ Projektarbeit wieder begonnen werden“, heißt es dem Bericht zufolge in dem Vermerk. Die Fraktionen von SPD und AfD wollten mit jeweils einer Anfrage ans Bezirksamt herausfinden, ob dem Hochbauamt der „Kollaps“ und damit das Aus für Neubau- und Sanierungsprojekte drohe.
Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne) hält es für übertrieben, von einem „Kollaps“ zu sprechen. Wohl aber sei die Personalsituation „sehr schwierig“. Jene nicht nur für Sanierungs-und Neubauprojekte, sondern auch für die Überwachung technischer Anlagen zuständige Arbeitsgruppe im Fachbereich Hochbau-Service verfügt laut Schellenberg derzeit über 18 Stellen. Von neun Stellen in der Gruppensparte Heizung und Sanitär seien drei nicht besetzt. Von zwei Mitarbeitern für Nachrichtentechnik geht einer demnächst in Ruhestand.
Ingenieure gesucht
Besonders heikel: Vier von sechs Stellen für Elektroningenieure sind momentan vakant. Die Ingenieure überwachen den sicheren Betrieb nahezu jeder fest verbauter technischer Anlage in den öffentlichen Gebäuden Steglitz-Zehlendorfs. Und es kommt noch dicker. „Weil ein Mitarbeiter bald in den Ruhestand geht, werden wir in diesem Bereich ab September wohl nur noch einen einzigen Mitarbeiter haben“, sagt Schellenberg. Zudem ist die Gruppenleitung momentan nicht besetzt. Weil weitere Abgänge anstehen, geht Schellenberg davon aus, dass die Stärke der gesamten Gruppe ab September bei sieben Mitarbeitern liegt.
Längst arbeitet die Verwaltung nach einem Notfallplan. Schellenberg: „Seit sechs bis acht Wochen schreiben wir Projekte für externe Dienstleister aus. Neubauprojekte sowie die Behebung von Großschadensfällen werden gegenüber kleineren Vorhaben bevorzugt.“ Ein Hilferuf in Richtung der anderen Bezirke habe nichts gebracht, denn auch in den dortigen Bauabteilungen sei Personal knapp. Ein weiteres Problem sei, dass viele Baufirmen bei Ausschreibungen entweder gar kein oder ein völlig unwirtschaftliches Angebot vorlegen.
Mehr Zeit
Ein Scheitern der Schulbauoffensive sieht Schellenberg derzeit nicht: „Es kann allerdings sein, dass das Ganze mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich gedacht.“ Um gegen den Fachkräftemangel vorzugehen, fordert Schellenberg, Bewerbungsverfahren zu entbürokratisieren und mehr für die Vorzüge einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst zu werben. Auch bei den Gehältern müsse sich etwas tun. Wohl nicht nur dort: SPD-Fraktionschef Volker Semler verweist auf Berichte über eine schlechte Arbeitsatmosphäre in der besagten Arbeitsgruppe. Semler: „In keinem anderen Bezirk ist die Personalnot in diesem Bereich derart hoch.“
Laut dem aktuellen Gebäudescan liegt der Gesamtsanierungsbedarf an den Schulen in Steglitz-Zehlendorf bei etwa 415 Millionen Euro. Bereits 2016 legte der Senat seine Pläne für eine umfangreiche Schulbauoffensive vor, die einen Neubau Dutzender Schulen in der Hauptstadt vorsieht. Für Sanierungen sind berlinweit 5,5 Milliarden Euro vorgesehen. Eine Aufstellung des Senats listet zehn Projekte im Bezirk auf, die das Land Berlin übernommen hat. Das größte davon ist die mit 41,6 Millionen Euro veranschlagte Ertüchtigung der John-F.-Kennedy-Schule. Im vergangenen Jahr wurde das Dach saniert. Voraussichtlich im Jahr 2022 sollen die Gesamtsanierung und der Umbau starten.
Drei der Landesprojekte werden von dem landeseigenen Wohnungsunternehmen Howoge umgesetzt. Dabei handelt es sich um die Sanierung der Wilma-Rudolph-Schule, der Bröndby-Schule und des Schadow-Gymnasiums.
Stand: 4. Juli 2018. Text: Nils Michaelis. Bild: imago/Dirk Sattler