Fluglärm: Entlastung in Sicht – aber nicht für alle.

Das nervt Berliner und Brandenburger in den Einflugschneisen und beschäftigt die Gerichte schon seit vielen Jahren: Die dröhnenden Jets im Anflug auf Tegel. Ein tägliches und trotz gegenteiliger Beteuerungen der Betreiber häufig auch nächtliches Höllenspektakel. Doch schon bald können manche aufatmen, denn es gibt Hoffnung für Lärmgeschädigte. Endlich will auch Berlin ein Verfahren einführen, das auf anderen Airports schon lange gang und gäbe ist: Ab Juni wird auch TXL im „kontinuierlichen Sinkflug“ fortschrittlicher angeflogen.Das heißt, die Flieger gehen nicht mehr stufenweise in Etappen tiefer, sondern setzen schon in großer Höhe zu einer Art Gleitflug an. Sie fliegen also länger hoch, sinken kontinuierlich – vorausgesetzt, das Wetter ist gut und der Flugverkehr lässt es zu. Dieses Anflugverfahren erfolgt mit minimaler Triebwerksleistung und vermeidet weitgehend kerosinfressendes horizontales Fliegen. Damit gibt es weniger Lärm am Boden, zudem spart es Kerosin. Die Gesellschaften rechnen mit bis zu 100 Litern Ersparnis pro Flug. Es rechnet sich also und entlastet überdies die Umwelt. Ein Gewinn für alle, möchte man meinen. Allerdings hält sich der Jubel bei den Anwohnern in Grenzen. Frohlocken können nur jene, die mindestens 20 Kilometer von Tegel entfernt wohnen. Das betrifft die Gebiete weit im Osten Berlins – wie Kaulsdorf, Biesdorf, Ahrensfelde, Hoppegarten. Auch die Spandauer, Staakener und Dallgow-Döberitzer beispielsweise können ab dem Sommer ihre Fenster wieder etwas weiter öffnen, weil die Flieger über diesen Berliner Randregionen noch hoch in der Luft sein werden. Aber alle, die dichter am Airport gebaut haben oder dort zur Miete wohnen, werden vorerst weiter mit dem Fluglärm leben müssen – wie etwa die mehr als 250.000 betroffenen Menschen in Pankow und Reinickendorf. Aufatmen können sie wohl erst, wenn Tegel geschlossen ist. Das Verfahren des „kontinuierlichen Sinkanflugs“ soll weltweit ausgeschrieben und bekannt gemacht werden; am 23. Juni soll dies geschehen. Und dann heißt es: Im lärm- und kerosinschonenden Gleitflug runter zum TXL!

Jürgen Zweigert / Bild:Getty Images/iStockphoto