Soziales: Die Mutter aller Tafeln feierte Geburstag.

Stolze 14.000 Tonnen Lebensmittel hat die Berliner Tafel bei der Grünen Woche gesammelt und an soziale Einrichtungen verteilt. Hunderte Ehrenamtliche haben jeden Tag nach Messeschluss Lebensmittel, die übrig geblieben sind, bei den Ausstellern eingesammelt. Hinter der Berliner Tafel stecken unzählige Freiwillige. Gegründet wurde sie von Sabine Werth. Diese feierte jüngst ihren 60. Geburtstag. Im Gespräch mit dem Berliner Abendblatt blickt sie auf ihr „Lebenswerk“ zurück.

Schmalzstulle und ein Glas Sekt

Das Ambiente zum 60. Geburtstag von Sabine Werth, Gründerin der Tafelbewegung in Deutschland, war feierlich und bodenständig zugleich. Viele Gäste waren zum Empfang in die Beusselstraße gekommen: Ehrenamtliche der ersten Jahre, langjährige Sponsoren, Bedürftige, Vertreter der Sozialverbände und Politiker.

Wie alles begann

1993: Als Mitglied der Initiativgruppe Berliner Frauen hört Werth einen Vortrag der Sozialsenatorin über Obdachlosigkeit in Berlin. Entsetzt von dem Bericht über Elend und Armut in der Stadt nimmt sich die Frauengruppe die New Yorker Initiative „City Harvest“ als Vorbild und beginnt, unverkaufte Lebensmittel bei den Händlern für Obdachlose einzusammeln. Damit war der Grundprinzip für die Berliner Tafel gelegt: Von dort nehmen, wo es zu viel gibt, und es zu denen bringen, die zu wenig haben. Inzwischen gibt es bundesweit über 920 Tafeln. Über diesen Erfolg ist auch die Schönebergerin überrascht. „Mit den Tafeln können wir inzwischen 1,5 Millionen Menschen unterstützen“, sagt Werth. Allein die Berliner Tafel hilft mittlerweile jeden Monat bis zu 125.000 Bedürftigen mit Lebensmitteln, darunter ein Drittel Kinder und Jugendliche. Dabei sind die Tafeln noch lange keine Selbstläufer. „Wir arbeiten heute zwar mit mehr Unternehmen als früher zusammen, diese kalkulieren aber immer zielgenauer – für die Tafeln bleibt so am Ende kaum was übrig“, sagt Werth. Kämpfe wie diese um mehr Gerechtigkeit führt sie schon ihr Leben lang: Mit 14 Jahren als jüngste Schulsprecherin Berlins, in den 80er-Jahren als Mitarbeiterin bei dem Netzwerk Goldrausch, das Unternehmerinnen Kleinstkredite zur Verfügung stellt, und 1985 als Mitgründerin von Blattgold, einer bis heute existierenden Monatszeitschrift für Frauen. 1987 machte sich die Sozialpädagogin mit der „Familienpflege Werth“ selbstständig. Heute ist es Werth wichtig, dass sich Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft für die Berliner Tafel engagieren können – auch Leute mit wenig Geld. „Im meiner Amtszeit werde ich mich weiter dafür einsetzen, dass unser Mindestbeitrag von 2,75 Euro nicht erhöht wird“, verspricht Werth. Immerhin ein Drittel der Mitglieder zahlen diesen Mindestbeitrag. Werths nächstes Ziel ist ein ausrangiertes Flugzeug auf dem Flughafen Tegel nach seiner Schließung. Im KIMBAfly sollen Schüler künftig lernen und erleben, worauf es bei gesunder Ernährung ankommt.

Daniel Seeger, Bild: Dietmar Gust, Berliner Tafel