Kasache baut kleine Sensationen auf Marzahner Abenteuerspielplatz.

„Puschkin ist für uns ein echter Hauptgewinn“, sagt Matthias Bielor, Vereinsvorsitzender von der Spielplatzinitiative Marzahn und schaut ehrfürchtig zur riesigen, rund sechs Meter hohen Holzrakete im Garten des Abenteuerspielplatzes an der Schorfheide Straße hinauf. „Gerade mal sechs Wochen hat er dran gearbeitet. Idee, Entwurf und den gesamten Bau hat er alles allein gemacht“, berichtet Bielor, dessen Verein den 60-jährigen Kasachen seit rund eineinhalb Jahren beschäftigt. „Puschkin“, der Spitzname von Aleksandr Gusev, erinnert ein wenig ehrfürchtig an die besonderen Fähigkeiten des Handwerkers.

„Angefangen hat alles, als ich ihn bat, die alte baufällige Laube auf unserem Grundstück abzuräumen und das Material zu entsorgen“, erzählt Bielor. Der 60-jährige Gusev entschied anders, als ihm aufgetragen wurde: Kurzerhand fertigte er ein Fundament aus Eichenstämmen und setzt die Laube frisch aufgearbeitet darauf und bastelte als Krönung noch aufwändige florale Verzierungen an die Ecken und Kanten der Laube. Fertig war die romantische Märchenhütte.

Neuanfang Deutschland

Von Beruf ist „Puschkin“ Elektriker und hat als solcher auch in Kasachstan gearbeitet. „Da habe ich auch für die Inneneinrichtungen in Gaststätten mit Holz gearbeitet“, erzählt der Vater zweier erwachsener Kinder. Als er mit seiner Familie vor rund 15 Jahren nach Berlin kam, lief es dann aber gar nicht rund mit der Arbeitssuche – eine feste Stelle fand der Bastler mit den Ausnahmefähigkeiten in seiner Branche nicht.

Erst die Stelle im Ein-Euro-Job bei der Spielplatzinitiative ließ Gusev wieder so richtig aufblühen. „Puschkin ist ein echter Eigenbrötler. Er macht alles alleine. Wir haben auch aufgegeben, ihm bei seinen Plänen reinzureden“, erzählt Bielor. Allein die grobe Richtung könne man ihm vorgeben. „Der wollte hier einen Panzer aus Holz bauen. Das haben wir ihm noch ausreden können“, berichtet der Vereinsvorstand. Auch, bei der Farbe der Rakete habe Puschkin nachgegeben: Das Hellblau leuchtet jetzt doch freundlicher, als das von Puschkin geplante Grau.

Alles freihändig

Skizzen und Pläne entwirft Puschkin nicht zu seinen Projekten. Die Ideen zu dem Tellerkarrussel, den Wippen, der Windmühle und auch der bunten Rakete stammen aus dem Internet. Inspirationen zu den Motiven holt er sich bei seinem Enkel und den Kinder auf dem Spielplatz. Danach bastelt, misst, sägt und nagelt der Kasache die Dinge nach Augenmaß – und das mit enormer Genauigkeit. Materialkosten fallen dabei kaum an. „Das gesamte Holz stammt eigentlich von gebrauchten Einwegpaletten, die wir auf Baustellen hier im Bezirk eingesammelt haben.

Die runden Formen liefern riesige Kabeltrommeln aus Holz, die als Reste im Tiefbau anfallen“, erklärt Michael Bielor. Sogar Schrauben und Nägel recycelt Gusev aus Holzabfällen. „Das meiste Geld für die Objekte geht eigentlich für den Anstrich drauf. Insgesamt 150 Euro Materialkosten haben wir für das Klettergerüst mit der Rakete bezahlt. Unglaublich, oder?“, so Bielor. Auch Puschkin selbst kann sein spätes Glück kaum fassen. „Endlich kann ich das arbeiten, was ich immer schon wollte“, erklärt er im Interview.

Dafür hat ihm die Spielplatzinitiative Marzahn jetzt einen eigenen Bauwagen mit reichlich Werkzeug auf dem Gelände zur Verfügung gestellt. Hier tüftelt und bastelt er an seinen Ideen. „Als nächstes möchte ich einen bunten LKW aus Holz für die Kinder bauen“, verrät er bereits jetzt dem Berliner Abendblatt.

11.10. 2018, Text und Bild: Stefan Bartylla