„Evas Haltestelle“ zieht nach monatelanger Suche in die Müllerstraße.

Neugierige Blicke von draußen begleiten den symbolischen Pinselstrich in der neuen Unterkunft für obdachlose Frauen in der Müllerstraße. Lange hat der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF Berlin) nach neuen, größeren Räumen für ihre Tageseinrichtung gesucht. Mitten im Herzen des Wedding sind sie schließlich fündig geworden. Der Platz in der Bornemannstraße, wo „Evas Haltestelle“ bislang Obdach für wohnungslose Frauen bot, war schon lange zu knapp. Im Frühjahr dann kündigte der Vermieter Sanierungsarbeiten an – und der SkF musste sich eine neue Bleibe suchen. Dabei wurde er unter anderem von Bezirksstadtrat Ephraim Gothe (SPD) und Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung unterstützt, die ebenfalls zur ersten Besichtigung der neuen Räumlichkeiten kamen.

Möbel fehlen

Noch gibt es hier in der Müllerstraße 126 einiges zu tun. „Wir planen aber in vier Wochen einzuziehen“, kündigt Ursula vom SkF an. Auf 280 Quadratmetern sollen dann spätestens ab Dezember Platz für Rechtsberatung, Duschen, gemeinsame Frühstücke, einen Waschraum und 20 Betten sein. Neben Elektrik und dem richtigen Anstrich fehlt es derzeit vor allem an Möbeln. Die versucht Evas Haltestelle unter anderem per Online-Spendenaktion zu finanzieren. Die Räume in der Müllerstraße, die doppelt so groß sind wie der Standort in der Bornemannstraße, werden zudem das Modellprojekt „Housing First“ beherbergen.

Grundidee ist es, obdachlosen Frauen eine direkte Wohnungsversorgung anzubieten. „Damit wollen wir Probleme direkt angehen. Der Grundgedanke ist, dass sich andere Probleme auch leichter lösen lassen, haben die Frauen erstmal eine Unterkunft“, erklärt Gothe das Konzept. Das Bezirksamt unterstützt die Haltestelle, die bald in der ehemaligen Apotheke auch einige der so nötigen Kältehilfeplätze schafft, mit 70.000 Euro pro Jahr. Dass der Dienst einen derart zentralen Standort gefunden hat, ist nicht selbstverständlich. Mit insgesamt vier Vermietern hatte es im Vorfeld ernsthafte Gespräche gegeben. Nur einer war aber letztlich bereit, der Obdachlosen-Unterkunft eine Chance zu geben – inklusive eines Mietervertrags über zehn Jahre.

Doppelte Versorgung

Die Räume in der Bornemannstraße sind übrigens nach wie vor offen. Geht es nach dem SkF wird das auch in Zukunft so bleiben: „Dann könnten wir zehn Schlafplätze in der alten Haltestelle und 20 weitere am neuen Standort anbieten“, so Snay. Die Betreiber hoffen, dass viele Frauen die Angebote annehmen. Eine große Fensterfront und der Blick ins Innere sollen Berührungsängste abbauen. Kurz vor Beginn der Kältehilfe am 1. November sucht auch der Bezirk Mitte weiter nach Unterkünften, die Wohnungslosen während der kalten Jahreszeit Obdach bieten. Dabei mangelt es insbesondere an Standorten für Frauen. 3.000 von ihnen leben schätzungsweise auf den Berliner Straßen. Umso wichtiger sind Einrichtungen wie „Evas Haltestelle“. Wer den SkF unterstützen möchte, hat dazu bei der Online-Petition Gelegenheit. Gesucht werden zudem ehrenamtliche Helferinnen für die neue Unterkunft.

Datum: 27. September 2018, Text und Bild: Katja Reichgardt