Eltern steht Schadenersatz bei fehlendem Kita-Platz zu.
Immer mehr Familien ziehen hier in den Bezirk. Deren Kinder brauchen Betreuung in Kitas, damit die Eltern arbeiten gehen können. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs, nach dem Eltern sogar Schadenersatz bei fehlendem Kita-Angebot geltend machen können, sorgt für dringenden Handlungsdruck.
Neuer Rechtsanspruch
Eltern, die zum Wunschtermin keinen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind bekommen und deshalb erst später arbeiten gehen können, haben grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Die verantwortliche Kommune muss aber nur zahlen, wenn sie den Platzmangel mitverschuldet hat. Geklagt hatten drei Frauen aus Leipzig. Sie hatten kurz nach der Geburt ihrer Kinder bei der Stadt Bedarf an einem Kitaplatz nach einem Jahr Elternzeit angemeldet. Trotzdem bekamen sie zunächst kein Betreuungsangebot und konnten erst Monate später wieder zu arbeiten anfangen. Sie verklagten die Stadt auf ihren entgangenen Verdienst. In Berlin sind die Bezirksämter für die Vergabe der Kitaplätze zuständig. Dort nimmt man das BGH-Urteil weitgehend gelassen. Das könnte auch daran liegen, dass die Versorgung mit Kitaplätzen vergleichsweise gut und die Betreuungsquote entsprechend hoch ist. Dr. Sandra Obermeyer, Jugendstadträtin in Lichtenberg, bestätigt dazu: „Zwar gab es noch keine Klage im formalen Sinn, aber die Beschwerden und „Hilferufe“ zeigen, dass es für Eltern zunehmend schwierig wird, einen Kitaplatz zu bekommen, geschweige denn ihr Wunsch- und Wahlrecht wahrzunehmen. Letztlich sind Eltern froh, wenn sie überhaupt einen Platz ergattern. Lichtenberg hat nämlich nur wenige vakante Plätze.“ Die Bezirksstadträtin sieht dringenden Bedarf zum Bau neuer Einrichtungen. Lichtenberg habe dazu ein Kitaausbauprogramm vorgelegt, das von der Grundstücksgewinnung, über die Einforderung von Fördermitteln, die Gewinnung von Trägern und die Unterstützung des Eigenbetriebes alle wesentlichen Faktoren initiiert habe. Im Ergebnis werden nun drei Standorte in Hohenschönhausen mit einem Zuwachs von insgesamt 450 Plätzen initiiert. Jetzt gelte es weitere Grundstücke an den Bezirk zu übertragen und entsprechende Fördermittel zu schöpfen. Dazu sei das gesamte Bezirksamt in den unterschiedlichsten Ressorts gefordert. Ganz aktuell sei ein Ausbau der Kapazitäten einer Kita des Eigenbetriebes in Alt-Lichtenberg mit Fördermitteln aus dem Sonderprogramm „Wachsende Stadt“ in der Planung.
Politisches Umdenken
Neben dem Ausbau von Kapazitäten fordert die Stadträtin auch einen Wegfall bestehender Bürokratieschwellen bei der Vergabe von Kitaplätzen und wünscht sich ein Angebot für alle Familien. „Ein Wegfall der Bedarfsprüfung – den ich unterstütze – würde Eltern den Zugang zu Kitas weiter erleichtern und mehr Kindern die Chance auf eine umfangreiche frühkindliche Förderung ermöglichen“, so Obermeyer und ergänzt: „Auch Kinder von Eltern, die nicht aufgrund Beruf und Ausbildung Anspruch auf einen Ganztagsplatz haben, können durchaus den berechtigten Wunsch haben, ihren Kindern Ganztagsförderung zu ermöglichen. Im Übrigen spart ein Wegfall der Bedarfsprüfung Bürokratie in den Jugendämtern.“
Nils Michaelis / Stefan Bartylla, Bild: Getty Images/iStockphoto/omgimage