Neue Rezepte gefordert.
Viel Verkehr und null Ambiente: Die Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) malt ein düsteres Bild von Zehlendorfs Mitte: „Trotz positivem Image, großem Andrang und steigender Nachfrage ist die Funktionsfähigkeit des wichtigsten Einzelhandelszentrums beeinträchtigt.“
Wenig Aufenthaltsqualität
Der Teltower Damm leide unter Strukturveränderungen im Einzelhandel und städtebaulichen Mängeln. Der motorisierte Verkehr dominiere. Fußgänger und Radfahrer hätten nur wenig Platz. Der Raum rund um den Anger biete kaum Aufenthaltsqualität. Gebäude wie der S-Bahnhof Zehlendorf, das Rathaus oder die Gottfried-Benn-Bibliothek seien in die Jahre gekommen. Vorhandene Grün- und Freiflächen befänden sich teilweise in schlechtem Zustand. „Es geht darum, Historisches zu erhalten und zugleich neue Räume zum Leben und Wohnen zu erschließen“, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Svea Bernhöft.
Um ein Gesamtkonzept auf den Weg zu bringen, hat die BVV auf Initiative der Grünen jetzt das Bezirksamt beauftragt, Mittel aus dem Förderprogramm Aktive Zentren einzuwerben. Bereits im Jahr 2008 hatte sich der Bezirk darum beworben, allerdings erfolglos, so Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU): „Das erstellte Entwicklungskonzept dient aber als Basis für künftige Entwicklungsschritte, die das Stadtteilzentrum zukunftsfähig gestalten sollen.“ Der Bezirk habe in verschiedenen Foren, etwa in der AG Kirchstraße, Fachleute, bürgerschaftlich engagierte Initiativen sowie weitere betroffene Akteure in die Gestaltungsüberlegungen mit eingebunden. In diesem Jahr sei eine öffentliche Veranstaltung geplant, in der Bürger in die Planungsprozesse einbezogen werden sollen. Richter-Kotowski: „Mit den gesammelten Fakten wird die bezirkliche Wirtschaftsförderung prüfen, welche Förderprogramme die geplanten Maßnahmen begleiten können.“ An einigen Rändern des Zentrums registriert die Rathauschefin eine „etwas höhere Fluktuation des Ladenbestandes“. Das Entwicklungskonzept habe „Gestaltungsschwächen“ an der Clayallee sowie an einigen kleineren Plätzen festgestellt. „Klare Stärken sehe ich in der hohen Identifikation der Nutzer des Stadtteilzentrums sowie in den engagierten Akteuren vor Ort, wie zum Beispiel der Standortgemeinschaft ‚Zehlendorf Mitte Marketing e.V.‘“, so Richter-Kotowski.
Kleine Schritte
Die Bürgerinitiative Zehlendorf (BI) begrüßt den BVV-Beschluss. Deren Mitglieder hatten unter Anwohnern 100 Vorschläge gesammelt, wie der Ortskern sicherer, gesünder und lebendiger gemacht werden soll. „Der neue Wochenmarkt am kleinen Teltower Damm und auf dem Postplatz zeigt jeden Samstag, was möglich ist“, so BI-Sprecher Christian Küttner zu den positiven Veränderungen im Kiez. „Wir brauchen Fußgängerzonen, eine attraktive Gestaltung der Dorfaue, mehr Licht, mehr Gastronomie, mehr Musik und Kultur und natürlich weniger Auto- und LKW-Lärm.“ Küttner hofft auf positive Effekte durch den neuen Durchgang, der ab 2020 am S-Bahnhof Zehlendorf gebaut wird. „Dann wächst die Zehlendorfer Mitte neu zusammen“, sagt er.
Text: Nils Michaelis, Bild: Stefan Bartylla