Erziehung: Chamisso-Grundschule macht verhaltensauffällige Kinder fit für den Alltag.

Lautes Gewusel auf den Gängen. Ein vielsprachiges Stimmengewirr liegt in der Luft. Große Pause in der Chamisso Grundschule am Senftenberger Ring im Märkischen Viertel. Mehr als 400 der 530 Mädchen und Jungen haben einen Migrationshintergrund. Das bedeutet intensive Arbeit für die 35 Lehrer, um ein alltägliches Lehr- und Lerntempo zu organisieren, das jedes Kind mitnimmt. Doch nicht alle nutzen ihre Bildungschance. Viele Kinder kommen aus einem familiären Umfeld, das seine Sprösslinge nicht gerade zum Lernen motiviert. Und manche von ihnen entwickeln ein Verhalten, das ihre Teilnahme am Regelunterricht erschwert.

Strukturen entwickeln

Die Chamisso-Schule hält mit ChaKK dagegen. Das Kürzel steht für „Chamisso Kleinklasse“ und bringt verhaltensauffällige, lernschwache Schüler wieder in einen geregelten Schulalltag zurück. „Nur eine von mehreren Maßnahmen, mit denen wir in den verschiedenen Jahrgangsstufen die kindliche Entwicklung und Bildung speziell fördern“, sagt die stellvertretende Schulleiterin, Margit Bremer. Für die Jüngsten gibt es die „Mäusegruppe“, später die Übergangsklassen für förderbedürftige Schüler. Und seit 2015 eben die ChaKK für Viert- und Fünftklässler mit besonders intensivem Förderbedarf. Kooperationspartner sind die Schulaufsicht, Schulpsychologie, das Schulamt und die Aufwind Kita-Verbund gGmbH. „Unser Anspruch ist es, diese Kinder emotional und sozial zu befähigen, wieder am Regelunterricht teilzunehmen“, erläutert Bremer. „Sie müssen ganz alltägliche Strukturen erlernen und Alltagskompetenzen entwickeln. Das gelingt nur, wenn die Eltern aktiv einbezogen werden und mitziehen.“

Belastbarkeit steigern

Björn Sandforth, Leiter der Kleinklasse, erklärt, wie das praktisch funktioniert: Derzeit sind acht verhaltensauffällige Schüler mit unterschiedlichem Förderbedarf in der Klasse; ein Team aus Sonderpädagogen und Psychologen wählte die Kinder aus. „Von 28 Unterrichtsstunden wöchentlich absolvieren sie 18 Stunden bei uns, zehn in ihrer Herkunftsklasse“, sagt er. „Ganz individuell entwickeln wir ihre Lernmotivation, steigern ihre Belastbarkeit, trainieren ihre Fähigkeiten, machen sie fit für die alltäglichen Dinge. Natürlich braucht das viel Zuwendung und Zeit. Täglich prüfen wir, was schon klappt und woran noch gearbeitet werden muss.“ Katharina Fritsche, Erzieherin vom Aufwind Kita-Verbund, betreut die Gruppe mit und begleitet sie zum Unterricht in der Regelklasse. „Toll, zu sehen, wie erfolgreich sich die Kinder entwickeln“, sagt sie. Der Weg ist oft zäh – doch es ist ein lohnendes Ziel: Bis Ende des Schuljahres können sechs Kinder in ihre „normalen“ Klassen zurückkehren.

Jürgen Zweigert, Bild: mdsCreative/Zweitgert