Der Senat möchte in sozialen Brennpunkten der Stadt konkret etwas gegen die Pandemie tun – und dort vermehrt und niederschwellig impfen. An fünf solcher Orte startet die neue Corona-Impfkampagne heute.
Insbesondere dort, wo die Sieben-Tage-Inzidenz auffallend hoch ist, wie etwa im Rollbergviertel und der Gropiusstadt. Insgesamt liegt die Inzidenz in Neukölln deutlich über dem Gesamtschnitt bei aktuell 113,4. Berlinweit liegt sie bei 86. Höher liegt sie derzeit nur in Mitte mit 117,2. (Stand: 12. Mai).
Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke sieht den Startzeitpunkt kritisch. Dem “Tagesspiegel” sagte er:” Wir können ja nicht mit dem Megafon auf der Straße verkünden: ‘So, jetzt kommen sie bitte alle mal zum Impfen.'”
Dass eine Impfung wichtig ist, um die Pandemie zu bekämpfen, ist vielen nicht klar. Sozialarbeiter, das Quartiersmanagement und Vertrauenspersonen sind deshalb in den betroffenen, vor allem migrantischen Milieus, vor Ort und klären auf. Nicolai Savaskan, der Amtsarzt von Neukölln, freut sich über die Aktion. Gerade in den Brennpunktvierteln seien der Widerstand und die Skepsis gegenüber den Corona-Impfungen sehr groß. „Es geht darum, Menschen Ängste zu nehmen, sie zum Impfen zu motivieren und so die Infektionszahlen abzusenken. Gerade in sozialen Brennpunkten gibt es viele Fälle“.
Eingesetzt werden soll vor allem der Impfstoff von Johnson & Johnson, weil damit nur eine Impfanwendung notwendig ist. Allerdings sollen bei dieser Kampagne auch andere Impfstoffe nicht ausgeschlossen werden. In Deutschland sind zurzeit Präparate von Biontech/Pfizer, Moderna, Astrazeneca und Johnson&Johnson zugelassen.
Auch in anderen Bezirken folgen Impfungen
Nach Neukölln soll das Projekt auch in anderen Bezirken starten. Angestoßen wurde es durch die Senatsgesundheitsverwaltung bei der Sitzung aller zwölf Gesundheitsstadträte. Damit soll sozial benachteiligten Berlinern ein Angebot gemacht werden. Die Impfungen sollen niederschwellig und ohne Voranmeldung erfolgen, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) ankündigte.
Aus den Bezirken gab es auch Kritik für die Aktion. Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid sagte etwa dem rbb, dass die Aktion am eigentlichen Problem dieser Viertel vorbeigehe. Aufklärungsarbeit für mehr Impfverständnis sei das A und O.
Intensivmediziner hatten zuvor beklagt, dass zunehmend Menschen aus prekären Verhältnissen auf den Intensivstationen liegen. Sie hatten mehr Impfungen in sozialen Brennpunkten gefordert.
Datum: 12. Mai 2021, Text: Anna von Stefenelli, Bild: IMAGO/poolfoto