Urteil: Verwaltungsgericht: saisonal begrenzte Regelung ist ungültig.
Das sogenannte Hundeverbot an Schlachtensee und Krumme Lanke ist vorerst außer Kraft gesetzt: Das Verwaltungsgericht Berlin gab einem Hundehalter Recht, der seinen Vierbeiner auch im Zeitraum zwischen Mitte April und Mitte Oktober auf den Uferwegen und im Uferbereich der Seen mitführen wollte. Die Reaktionen auf das Urteil sind gespalten.
Fronten verhärten sich
Die zuständige Umweltstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) zeigte sich enttäuscht. Seit Jahren habe man den Dialog gesucht, Erhebungen vorgenommen und auch an den Seen selbst Gespräche mit betroffenen Haltern geführt, bevor man Bußgelder verhängt habe. Dieses Vorgehen sei im gesamten Jahr 2015 erfolgreich gewesen. Deshalb sei es „unfair“, dass das Gericht aufgrund der geringen Zahl verhängter Bußgelder auf unzureichende Maßnahmen des Bezirks für eine Lösung der von Hunden verursachten Konflikte geschlossen habe, sagte Markl-Vieto der „rbb-Abendschau“. „Die geringe Anzahl von Bußgeldverfahren sagt überhaupt nichts über die tatsächlichen Vorkommnisse aus. Es wird höchst selten kontrolliert, da das Ordnungsamt zu wenig Personal hat“, meint auch Stefan Severit, der sich auf seiner Website „Bello ade in Park und See“ für das Hundeverbot stark macht. Der Aktivist sieht durch die Aufhebung des Verbots einen unangenehmen Sommer auf Besucher von Krummer Lanke und Schlachtensee zukommen. „Es werden leider wieder Unmengen unangeleinter Hunde kläffend am Ufer herumwuseln, Badende belästigen und Radfahrer anspringen“, glaubt Severit. Bestimmte Regelungen wie das nach wie vor gültige Anleingebot seien nur schwierig zu vermitteln. Für manchen Hundebesitzer dürfte die Vorstellung derartiger Szenarien belegen, dass das Verbot Konflikte eher noch verschärft hat. „Wo früher nur vereinzelte Zusammenstöße waren, die beim Aufeinandertreffen von Menschenmengen mit unterschiedlichen Interessen nun mal nicht immer vermeidbar sind, haben die gescheiterten Verbote erst geradezu feindliche Lager geschaffen“, meint etwa Frank Kühn, auf dessen Klage die erste Aufhebung des Verbotes im Dezember zurückging. Hinsichtlich eines friedlichen Miteinanders sei man auch durch das neue Urteil nicht einen Schritt weiter, zumal das Thema mit dem neuen Hundegesetz wieder auf den Tisch komme.
Kein Ende in Sicht
Bezirke könnten dann ausgewiesene Erholungsgebiete für Hunde sperren. Dass Steglitz-Zehlendorf entsprechende Maßnahmen an Schlachtensee und Krummer Lanke ergreifen würde, hatte Stadträtin Markl-Vieto bereits angekündigt. Aktivist Severit hofft, dass es dann „endlich wieder Ruhe an den Seen“ gebe – während Hundehalter Kuehn von einer weiteren erfolgreichen Klage auch gegen diese Maßnahme ausgeht.
Philip Aubreville, Bild: Sara Klinke
Schluss mit dem Gebell! – Ein Kommentar
Zwei Seen als Mikrokosmos für tierisches Durcheinander: Menschen mit Hunden treffen auf solche ohne – und beide zusammen auf die Politik. Da ist Bellen, Knurren und Kläffen doch programmiert. Stadträtin Markl-Vieto hat die Vierbeiner in eine Art Wildgehege verbannt – weit weg vom Wasser. Revier markieren und ausgrenzen statt ein verständiges Miteinander zu fördern, so lautet ihr Rezept.
Doch damit ist die Politikerin nun sprichwörtlich auf den Hund gekommen: Gleich zweimal haben die Gerichte ihre Verordnungen zur Hundeverbotszone als rechtwidrig aufgehoben. Was für eine Blamage, was für eine Stümperei: Die Bezirksverwaltung ist nicht in der Lage, rechtssichere Verordnungen zu erlassen.
Das Resultat ist peinlich: Am Schlachtensee beharken sich gereizte Spaziergänger wie Hund und Katz. Und die stümpernde Stadträtin bellt schon wieder öffentlich, will das Hundesperrgebiet sofort wieder durchsetzen. Dabei wäre es Zeit für einen Maulkorb: Bezirksbürgermeister Norbert Kopp, bitte übernehmen Sie!
Matthias Jessen