Mehr Präsenz durch Doppelstreifen auf U-Bahnhöfen.
Sie wurden von den Berlinern liebevoll Rotkäppchen getauft, sorgten für Ordnung und Sicherheit auf Berlins U-Bahnhöfen. Aber aus Kostengründen ist das Aufsichtpersonal mit den roten Mützen aus dem Untergrund verschwunden. „Sie haben ein hohes Maß an Sicherheit vermittelt, diese Personaleinsparung ist ein echter Schildbürgerstreich“, kritisiert Jens Wieseke, stellvertretender Vorsitzender des Berliner Fahrgastverbands IGEB, diesen Sparkurs der BVG. Seit dem Verschwinden der Rotkäppchen hätten Vandalismus und Kriminalität auf den U-Bahnhöfen zugenommen. Kameras allein und personell unterbesetzte Streifen könnten die Probleme nicht lösen. Wieseke fordert wieder deutlich mehr „menschliche Aufsichten“.
Soziale Brennpunkte
Obwohl U-Bahnfahren immer noch sicherer ist als Autofahren, steht fest: Berlin hat ein Untergrund-Problem. Die „broken windows“ – zerbrochene Fenster als Synonym für unsichere Orte – nehmen sichtbar zu. Berlins U-Bahn-Linien werden immer mehr zu sozialen Brennpunkten der Stadt. Das bestätigt auch die aktuelle Kriminalstatistik: Fast 2.250 Gewalttaten wurden 2016 in den U-Bahnen und auf den Stationen registriert, rund 50 mehr als im Jahr zuvor. Es gibt zehn Bahnhöfe mit über 40 Delikten – darunter Hermannplatz (87), Osloer Straße (60), Warschauer Straße (53), aber auch Hellersdorf mit 41. Besonders dramatisch ist die Situation auf den Bahnhöfen Kottbuser Tor (165), Alexanderplatz (143) und Bahnhof Zoo (77). Deshalb werden diese drei von der BVG-Sicherheitsleitstelle videotechnisch rund um die Uhr überwacht. „Das finden wir gut, aber es müssten mehr dauerüberwacht werden. Zwar verhindert das keine Straftaten, doch die Täter sind eher zu fassen“, so Wieseke. Vorausgesetzt, die Qualität der Aufnahmen lässt erkennbare Täter zu. Denn das ist der Knackpunkt bei den Kameras, mit denen alle U-Bahnen und die 173 Stationen ausgestattet sind. Deshalb rüstet die BVG für 50 Millionen Euro auf moderne zoom- und schwenkbare Kameras um. 45 Bahnhöfe haben sie bereits – bis Ende 2018 sollen alle damit ausgestattet sein. In Tempelhof-Schöneberg fanden die meisten Straftaten an den U-Bahnhöfen Gleisdreieck (159/davon neun Gewaltdelikte), Nollendorfplatz (325/27), Tempelhof (175/10) und Wittenbergplatz (273/19) statt.
Doppelstreifen unterwegs
„Probleme erkannt, wir handeln“, verspricht Innensenator Andreas Geisel (SPD) und kündigt an, mit zusätzlichem Personal zumindest an den Brennpunkten mehr Polizeipräsenz zu zeigen. So geschehen bereits am Kottbuser Tor, aber auch in Form gemeinsamer Streifen von Polizei und BVG-Wachleuten, wie etwa auf der
U8. „Ein guter Anfang, hoffentlich keine Kampagne. Sicherheit muss dauerhaft im Blick bleiben und auf allen Bahnhöfen gewährleistet sein“, fordert Jens Wieseke.
Jürgen Zweigert, Bilder: imago/Thomas Lebie, Jürgen Zweigert (Freisteller)