Gesundheitssenatorin: Ältere Menschen sollen sich maximal schützen.
Ältere Menschen leiden in diesen Tagen besonders unter den Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt. Weil für sie im Falle einer Infektion das Risiko eines schweren, wenn nicht gar tödlichen Krankheitsverlaufs besonders hoch ist, häufen sich die warnenden Hinweise, soziale Kontakte weitgehend zu vermeiden, auch gegenüber den engsten Verwandten. Statistiken zeigen, dass 20 bis 25 Prozent der Covid-19-Patienten über 80 Jahre an der Lungenkrankheit sterben, doch schon bei Menschen ab 60 Jahren besteht ein deutlich größeres Risiko als etwa bei jungen Erwachsenen. Ein besonders eindringlicher und radikaler Appell kam jetzt von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. Im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses sprach sich die SPD-Politikerin dafür aus, dass sich alle Berliner über 70 Jahre zu Hause in Selbstquarantäne begeben. „Abstand ist der sicherste Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus“ so die Ressortchefin. Diese Abschottung solle aber auf freiwilliger Basis erfolgen, fügte sie hinzu.
Abstand einhalten
Kalayci appellierte an die Solidarität der Bürger, Ältere zu unterstützen: „Freunde, Angehörige und Nachbarn sind jetzt gefragt, bei der Versorgung zu helfen.“ Sie sollten dabei allerdings streng auf den empfohlenen Abstand von 1,5 Metern achten. „Soziale Kontakte sind auch mit Abstand möglich“, so Kalayci. Die 53-Jährige empfiehlt Senioren zudem, sich gegen Pneumokokken und Keuchhusten impfen zu lassen, um die Anfälligkeit für Corona abzuschwächen.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Wolfgang Albers (Die Linke), kritisierte die Forderung Kalaycis nach einer Senioren-Quarantäne. „Es ist unverantwortlich, dass Sie einerseits Menschen ab 70 Jahren zur Selbstquarantäne bewegen, aber andererseits gleichaltriges medizinisches Personal aus dem Ruhestand reaktivieren wollen“, sagte der gelernte Mediziner. Schließlich handele es sich in beiden Fällen um Risikogruppen.
Wirtschaft reaktivieren.
Länger isoliert
Mit der Forderung, älteren Mitbürgern in diesen Tagen besonderen Schutz angedeihen zu lassen, steht Kalayci nicht allein. Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, Franz Müntefering, hält es für möglich, dass ältere Menschen und chronisch Kranke im Zuge der Corona-Krise länger isoliert bleiben müssen als andere Gruppen.
„Es kann zu einem späteren Zeitpunkt durchaus berechtigt sein, dass die Öffnung der Gesellschaft mit unterschiedlichem Tempo geschieht, zum einen, um Wirtschaft und Bildungswesen schnell wieder in Gang zu setzen und die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu minimieren, aber auch um den Schutz verletzlicher Gruppen bestmöglich zu gewährleisten“, so der frühere Bundesarbeitsminister und SPD-Vorsitzende gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Zuvor hatte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) erklärt, man werde „junge Leute zuerst wieder auf die Straße“ lassen.
Datum: 02.04.2020. Text: Redaktion. Bild: imago images/Frank Sorge