Mehr-Bewegung-dank-weniger-Arbeitszeit
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Die Debatte um die Einführung einer Vier-Tage-Woche erhält neuen Schwung.

Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Anstelle einer Fünf-Tage-Woche wird die Vier-Tage-Woche für Arbeitnehmer in Deutschland zur Regel. Und das am besten bei vollem oder teilweise gewährleistetem Lohnausgleich. Damit ließe sich nicht nur die schwächelnde Wirtschaft in Schwung bringen, sondern auch der Arbeitsmarkt zukunftsfest machen, sagen Befürworter. Wer weiß schon, wie viele „klassische“ Jobs in Deutschland durch die Coronakrise und die fortschreitende Digitalisierung verloren gehen werden? Wird und kann es in den kommenden Jahren noch genügend Arbeit für alle geben?

Strukturwandel im Blick

Was Gewerkschaften und Politiker aus Reihen der Linken schon länger fordern, erfährt jetzt Unterstützung aus der schwarz-roten Bundesregierung. „Reduzierte Arbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich kann eine geeignete Maßnahme sein, wenn sich die Sozialpartner darauf verständigen“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dieser Tage in einem Zeitungsinterview. Unklar ist bislang, welche Bereiche der Wirtschaft für eine solche Regelung infrage kämen.

Was Heil etwas verklausuliert formuliert, bezieht sich auf einen Vorstoß der IG Metall. Diese hatte zur Rettung von Jobs in der Metall- und Elektroindustrie eine Vier-Tage-Woche ins Gespräch gebracht. Sie wäre „die Antwort auf den Strukturwandel in Branchen wie der Autoindustrie. Damit lassen sich Industriejobs halten, statt sie abzuschreiben“, so der Erste Vorsitzende der Gewerkschaft, Jörg Hofmann, laut einem Bericht auf „tagesschau.de“. Er sprach von „einem gewissen Lohnausgleich für die Beschäftigten, damit es sich die Mitarbeiter leisten können“.

Wirtschaft warnt vor den Kosten

Arbeitgeberverbände sowie Wirtschaftspolitiker der CDU verweisen selbst bei einem begrenzten Lohnausgleich auf zu hohe Kosten für die Unternehmen. Auch der Fachkräftemangel spreche dagegen. Marcel Fratzscher, der Präsident des SPD-nahen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält die Einführung einer Vier-Tage-Woche für machbar, allerdings nur bei Verzicht auf vollen Lohnausgleich.

Einige Firmen und Unternehmen sind hingegen schon viel weiter als die politische Debatte. Gerade viele jüngere Unternehmen und Start-ups bieten flexible Arbeitszeitmodelle bis hin zur Vier-Tage-Woche bei vollen Bezügen. Ein Beispiel ist der Berliner Softwarehersteller Planio: Dessen Beschäftigte, so wird berichtet, bleiben freitags zu Hause. Auch das Berliner Team der Online-Plattform Bike Citizens arbeitet nur von Montag bis Donnerstag.

Fittere Mitarbeiter

Argumente dafür gibt es reichlich. Untersuchungen haben ergeben, dass die geistige Aufnahmefähigkeit sinkt, wenn die Wochenarbeitszeit 25 Stunden übersteigt. 2018 lag der Durchschnitt in Deutschland bei 41,4 Stunden. Laut einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz führt eine kürzere Arbeitswoche zu verringerten Stresswerten, niedrigerem Blutdruck und weniger Krankheitstagen. 

Datum: 27. August 2020, Text: Nils Michaelis, Getty Images Plus/iStock/g-stockstudio