Wohnungsgenossenschaft Grüne Mitte nimmt das Heft des Handelns in die Hand.
Das Avenidas-Gedicht des Lyrikers Eugen Gomringer bleibt Hellersdorf erhalten. Die Wohnungsgenossenschaft Grüne Mitte will die Verse auf einem ihrer Grundstücke großflächig präsentieren.
Umstrittene Zeilen
Im Januar dieses Jahres hatte die Alice-Solomon-Hochschule beschlossen, im Herbst das Gedicht übermalen zu lassen, das schon seit einigen Jahren an einer der Fassaden des Hochschulgebäudes zu lesen ist. Die Zeilen Gomringers beschreiben eine Situation auf der Straßenpromenade „Las Ramblas“ in Barcelona. In den Versen werden die Begriffe Alleen, Blumen und Frauen in eine Reihe gestellt. Die Frauen würden damit zum Objekt degradiert, das Gedicht sei aus der Zeit gefallen und passe nicht zur Alice-Salomon-Hochschule, so der Vorwurf.
Nach leidenschaftlichen und auch über die Stadtgrenzen hinaus viel beachteten Diskussionen beschloss die Alice-Solomon-Hochschule schließlich, das Gedicht übermalen und die Fassade neu gestalten zu lassen. Künftig sollen alle fünf Jahre Werke eines Lyrik-Preisträgerspräsentiert werden.
Selbst der Deutsche Kulturrat und die Schriftstellervereinigung PEN hatten angesichts der geplanten Übermalung des Gomringer-Gedichtes vor Zensur gewarnt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte sogar von “Kulturbarbarei” gesprochen.
Aktion mit Überraschung
Die Wohnungsgenossenschaft Grüne Mitte wird nun das Gomringer-Gedicht großflächig im Bezirk publizieren. „Ein Mitglied unserer Genossenschaft ist an uns herangetreten und hat uns diesen Vorschlag unterbreitet“, sagte Grüne-Mitte-Vorstand Andrej Eckhardt gegenüber dem Berliner Abendblatt. „Für mich hat die ASH-Aktion etwas echt Extremistisches. Da kommen Studierende für einige Semester hier nach Hellersdorf und bestimmen die Gestaltung unseres Bezirkes maßgeblich“, sagte Eckhardt und ergänzte: „Mit solchen Aktionen verlieren wir doch den Blick für ein normales Maß. Wir als Wohnungsgenossenschaft haben daraufhin beschlossen: Bis hierher und nicht weiter! Jetzt werden wir halt das Gedicht präsentieren.“
Eine Abdruckgenehmigung hat sich die Genossenschaft bereits beim Dichter eingeholt. Auch das Bezirksamt wurde informiert. „Bei der Ortswahl haben wir uns eine kleine Überraschung überlegt“, sagt Andrej Eckhardt. In jedem Falle werde die Darstellung des Gedichtes ähnlich groß ausfallen wie die Variante an der Alice-Solomon-Hochschule. Die Aktion der Wohnungsgenossenschaft sei noch in diesem Jahr geplant.
Text: Stefan Bartylla, Bild: Stefan Bartylla