Bildband zum Werk von Konrad Knebel erschienen.
Der Maler Konrad Knebel bewahrt einen Berliner Osten, den es längst nicht mehr gibt: Mit seinen Bildern schuf er Ikonen des Verfalls. Darum nennt man ihn in einem soeben erschienenen Buch den „Canaletto vom Prenzlauer Berg“. Knebel, 88, gebürtiger Leipziger, aber schon seit 1951 passionierter Berliner und seit 50 Jahren im Bötzow-Viertel zuhause, malt seit 60 Jahren vor allem das Preußische im Prenzlauer Berg: Fassaden der Gründerzeit, Häuser mit Gesichtern und Biografien, die dem Zahn der Zeit irgendwie trotzen, die Krieg, Vernachlässigung und Verwahrlosung überstanden haben.
Blick hinter Kulissen
Diese Motive, soeben in einem Bildband des be.bra-Verlags versammelt und von dem Berliner Filmkritiker Knut Elstermann liebevoll besprochen, fragen danach, ob wir begreifen, was vor sich geht und was da Neues kommt. Wie surreale Skulpturen, ja Monumente, modelliert Knebel die alten Häuser aus dem milchig-silbrigen Berliner Licht. Solche Motive sind inzwischen rar geworden. Berlin ist Sanierungshauptstadt der Welt. Alles strahlt im neuen tadellosen Putz. Seit der Wiedervereinigung werden aus Ruinen Paläste. Knebel, einst Schüler des Zeichners Arno Mohr an der Kunsthochschule Weißensee, hat sich die gründerzeitliche Architektur zum Thema gemacht. Jedes Bild ist immer auch ein Geschichtsexkurs. Akribie, zugleich herbe Poesie. „Chronistentum indes“, betont er, „steckt nicht hinter diesen Fassaden, Hinterhöfen, Brandmauern.“ Diese porösen Fassaden, die nackten Stellen, unter denen Ziegel erscheinen, das verwaschene, fast zärtlich-wehmütige Kolor sind die Bildsprache eines malenden Ästheten.
be.bra.verlag, 112 Seiten, 22 Euro.
Datum: 19. März 2020, Text: Ingeborg Ruthe, Bild: Be.Bra.Verlag/Konrad Knebel/VG BIldkunst Bonn 2020