Das Projekt Siemensbahn geht im Expresstempo voran. Wird die Strecke mit einem Tunnel unter der Havel verlängert?
Junge Bäume sprießen im Asphalt des Bahnsteigs, Schienen und andere Stahlteile leuchten rostrot in der Herbstsonne. Städtische Idyllen wie im alten S-Bahnhof Wernerwerk gab es früher vielerorts in Berlin. Doch jetzt wird auch diese grüne Ruheinsel verschwinden. Am Donnerstag gab Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) den Startschuss für die ersten Arbeiten für die Wiederinbetriebnahme der Trasse zwischen Jungfernheide in Charlottenburg und Gartenfeld.
Vor fast genau 40 Jahren fuhr auf der rund 4,5 Kilometer langen Trasse, die erst die Spree überspannte und sich dann durch Siemensstadt schlängelt, zum letzten Mal ein S-Bahn-Zug. Mitte September 1980 begannen West-Berliner Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn einen Streik. Danach nahm das DDR-Unternehmen, das damals auch für den Bahnverkehr im Westen der Stadt zuständig war, auf dieser und anderen S-Bahnstrecken den Betrieb nicht mehr auf.
Innovationscampus in der Siemensstadt wird angebunden
Wahrscheinlich wäre die Trasse der Tierwelt und den Graffitisprayern noch sehr lange erhalten geblieben, wenn der Technologiekonzern Siemens nicht im vergangenen Jahr verkündet hätte, dass unweit der Strecke ein Innovationscampus mit Forschungseinrichtungen, Produktionsstätten und rund 3.000 Wohnungen entstehen soll. Damit das geplante neue Viertel namens Siemensstadt 2.0 gut vom Flughafen BER und dem Hauptbahnhof erreichbar ist, wurde die einst von Siemens für 14 Millionen Reichsmark finanzierte Trasse nach Gartenfeld wieder wichtig. Plötzlich ging alles für Berliner Verhältnisse sehr schnell. 2019 begannen die ersten Vorbereitungen.
Bislang wurde vor allem auf Papier gearbeitet, nun auch praktisch. Auf 800 Metern verläuft die Siemensbahn auf einem Viadukt, das nun von 2500 Holzschwellen und 3300 Tonnen Schotter befreit wird. Anfangs drängte der Senat darauf, dass schon 2025 wieder S-Bahnen in die Siemensstadt fahren. Wahrscheinlich werde es 2029 soweit sein, bekräftigte die Senatorin. Hundert Jahre zuvor war die Trasse einst fertig geworden.
Mittel für S-Bahn-Planung noch nicht freigegeben
Allerdings ist bis dahin noch viel zu entscheiden und zu unternehmen. So hat das Abgeordnetenhaus noch kein Geld freigegeben, damit die Bahn die Planung in Auftrag geben kann. Doch die Senatorin hofft, dass die knapp 30 Millionen Euro in Kürze zur Verfügung stehen: „Ich bin zuversichtlich, dass die Finanzierungsvereinbarung bald unterschrieben werden kann.“ Von Geld für den Bau ist in dieser frühen Phase noch gar keine Rede. Hinter den Kulissen geht man davon aus, dass eine dreistellige Millionensumme erforderlich sein wird. Zwar ergaben Untersuchungen, dass das Stahlviadukt wohl erhalten bleiben kann. Aber die Sanierung dürfte aufwendig werden.
Absehbar ist auch, dass der S-Bahnhof Jungfernheide auf der Nordseite um ein drittes Gleis erweitert werden muss, damit die Züge Richtung Gartenfeld den Betrieb auf dem Ring nicht aufhalten. Dies dürfte ebenfalls teuer werden. Bei der Endstation Gartenfeld soll es nicht bleiben, sagte Günther. „Wir prüfen, ob und wie die Siemensbahn in die Wasserstadt Oberhavel und nach Hakenfelde weiter geführt werden könnte.“ Dabei geht es auch um die Frage, ob die S-Bahn-Trasse die Havel über- oder unterquert. Dem Vernehmen nach wird derzeit ein Tunnel bevorzugt.
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung. Den Originalartikel finden Sie hier.
Datum: 26. September 2020, Text: Peter Neumann, Bild: Berliner Zeitung/ Markus Wächter