Björn Fiege

Geplantes Baustellenlager gefährdet Ökotop und Denkmal auf dem Gelände der  B.L.O.-Ateliers.

Seit 16 Jahren gibt es die B.L.O.-Ateliers auf dem ehemaligen Betriebsbahnhof Lichtenberg Ost. Umgeben von Gleisen betreiben rund 100 Künstler, Designer und Handwerker im verstecktesten Ende des Kaskelkiezes  ihre Werkstätten und Galerien. Alle zahlen Miete an den eigens dafür gegründeten Betreiberverein Lockkunst e. V. – und der zahlt für die Nutzung des Gesamtgeländes an den Eigentümer, die Deutsche Bahn AG.

„Der Verein kümmert sich zudem um alle Instandhaltungs-, Sanierungs- und Säuberungsarbeiten in den fünf Häusern und auf den Freiflächen“, sagt Björn Fiege, Sprecher der B.L.O.-Ateliers. Auf dem rund 12.000 Quadratmeter großen, ehemaligen Bahnareal arbeiten die Künstler, Musiker, Maler, Handwerker, Kostümbildner, Bühnenbauer und Designer meist als Soloselbstständige. Hier wurde die Maske für den Rapper Sido entworfen, die Bühnenbilder für die Auftritte von Rainald Grebe gestaltet, Konzerte mit Marusha am DJ-Pult gegeben und Requisiten für James-Bond-Filme gefertigt.  

Grünes Kleinod ist gefährdet

Neben den Hallen und den Atelierhäusern gibt es auch eine riesige Freifläche. Dort, wo auf rund 3.000 Quadratmetern früher ein Lokschuppen stand, gibt es heute ein grünes Kleinod mit Pflanzen, Eidechsen, Insekten, Bäumen, Bienen und einer verwunschenen Wiese – hier fühlt sich der Fuchs zu Hause, quaken Frösche, piepen Drosselküken, klappern Spechte, summen Wildbienen und flattern seltene Schmetterlinge und Fledermäuse. Für die Menschen, die hier arbeiten oder die Ateliers besuchen, ist dies ein wunderbarer grüner Ort, wo man auf Bänken und Stühlen chillen und die Natur in vollen Zügen beobachten und genießen kann.

Mit all dem Idyll könnte es demnächst vorbei sein. Die Deutsche Bahn AG plant nämlich eine Gleis- und Brückensanierung in der direkten Nachbarschaft. Und die Zauberwiese der B.L.O.-Ateliers soll dafür als Baustellenlager genutzt werden. „Das Baumaterial zur Sanierung des Gleisbetts soll hier ab 2022 gelagert werden“, erläutert Björn Friese.  Zwei Jahre lang werden dann wohl auch tagtäglich Sattelschlepper über das Gelände poltern. Mit der einmaligen Idylle im Dreieck der Bahngleise wäre es dann wohl endgültig vorbei.

Da seit einigen Monaten nun auch der Abschluss eines Erbbauvertrages mit der Deutschen Bahn AG für das gesamte Gelände avisiert wird, gewinnen die verschiedenen Ansichten zum geplanten Baustellenlager auch einen weiteren sensiblen Aspekt.

Vertragsverhandlungen laufen

Vor wenigen Wochen  war sogar der Berliner Bahn-Chef Alexander Kaczmarek zu Besuch, um sich den Ort genauer anzuschauen. „Nachdem wir mit den Verhandlungen um den Erbbauvertrag ja schon viel weiter waren, wollte die Bahn jetzt doch noch einmal klären, welchen genauen Teil der Flächen sie hier abgeben kann und will. Alexander Kaczmarek hat uns jedoch weiterhin eine grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft signalisiert“, so Fiege. Das Gelände soll dafür an den Senat veräußert werden, die es dann an die Genossenschaft verpachtet, die sich aus den Nutzern der B.L.O.-Ateliers gründen würde.

Gegen das Baustellenlager, das die Bahn zwischenzeitlich installieren möchten, hat der Lockkunst e. V. noch ein weiteres Gegenargument parat. Der Künstler Lukasc Surowiec hatte zur Berlin Biennale im Jahr 2012 320 Birken aus dem Gebiet um die KZ-Gedenkstätte Ausschwitz-Birkenau nach Berlin gebracht, um ein Mahnmal gegen das Vergessen zu errichten. Einige der Bäume wurden auf der Fläche des ehemaligen Lokschuppens gepflanzt. „Wir pflegen die Bäume natürlich heute noch. Sie dürften aber bei einer Baustellennutzung auf dem Gelände nur schwer zu schützen sein“, sagt Fiege. Er macht sich Hoffnungen, die B.L.O.-Ateliers doch noch vor den Sattelschleppern schützen zu können.

Ein Plan, den auch Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) unterstützt. Er sagt: „Die B.L.O.‘s sind ein Juwel unseres Bezirkes. Sie sind ein Kunst-, Kultur-, und Produktionsort, wie sich ihn jeder Bezirk nur wünschen kann. Die Zukunft der B.L.O.‘s liegt mir persönlich sehr am Herzen und ich setze mich für die finanzielle und künstlerische Autarkie der Ateliers ein.“

Datum: 6. August 2020, Text und Bild: Stefan Bartylla