Schildower Straße in Hermsdorf
Schildower Straße in Hermsdorf

Wo früher die Berliner Mauer stand, sollen künftig Betonsperren zwei Hermsdorfer Straßen abriegeln. Anwohner starteten eine Protestdemonstration.

Die Wahl des Datums war kein Zufall: Die Initiative „Offene Nachbarschaft“ hat am Donnerstag an der Schildower Straße und der Elsestraße in Hermsdorf gegen die geplanten Grenzsperrungen protestiert, die die direkten Verbindungen zum Umland kappen sollen.  An der Aktion beteiligten sich nach Angaben der Initiatoren rund 30 Unterstützer. Auf den Tag genau vor 59 Jahren begann der Bau der Berliner Mauer.

Nach einer Expertise, die der Bürgerinitiative „Offene Nachbarschaft“ vorliege, seien die Sperrungen der Schildower Straße und der Elsestraße nach dem Berliner Straßengesetz rechtlich nicht zulässig, teilt das Bündnis mit. Der Berliner Senat habe dem Bezirksamt Reinickendorf schriftlich mitgeteilt, dass „Sperrungen von Straßen zwischen Berlin und Brandenburg grundsätzlich kein geeignetes Instrument der gemeinsamen Landesplanung und Verkehrssteuerung“ sind.

Umstrittener Beschluss

In der Bezirkspolitik sah man das bislang anders. Im Mai hatte die Bezirksverordnetenversammlung in einem kontrovers diskutierten und bis heute umstrittenen Beschluss das Bezirksamt damit beauftragt, in der Schildower Straße und in der Elsestraße, jeweils am Ortsausgang von Hermsdorf, temporäre Modalfilter, etwa in Form von massiven Blumenkübeln, zu installieren, um die Durchfahrt von Kraftfahrzeugen zu stoppen. Hintergrund des Beschlusses ist die steigende Verkehrsbelastung durch Pendler aus dem Brandenburger Umland, die beide Straßen als Ausweichrouten für die chronisch verstopfte B96 nutzen. 

Die Initiative „Offene Nachbarschaft“ hält nichts von diesem Plan. „Einige Anwohner des Hermsdorfer Waldseeviertels wollen durchsetzen, dass zwei von ohnehin nur drei Verbindungsstraßen zwischen Hermsdorf und Glienicke/Nordbahn für den motorisierten Verkehr gesperrt werden. Wo früher die Berliner Mauer stand sollen wieder Betonsperren beziehungsweise Modalfilter die Straßen verbarrikadieren. „

Gewachsene Nachbarschaft in Gefahr

Die Initiative „Offene Nachbarschaft“ besteht nach eigenen Angaben aus einer Gruppe von Nachbarn aus Hermsdorf und Glienicke, die Sperren mitten durch ihr gemeinsames Wohnquartier ablehnen. „Eine nach der Wende zusammengewachsene Nachbarschaft würde dadurch nicht geschützt, sondern wieder zerteilt“, teilt die Initiative mit. Der Ansatz sei auch verkehrspolitisch verfehlt: „Wer Autoverkehr am Stadtrand verhindern will, muss erst attraktive, schnelle, flexible und preiswerte Alternativen schaffen. Alles andere führt zu Verlagerungen, Staus, mehr Verkehr und neuen Konflikten.“

Die Verbindungsstraßen seien zudem für die medizinische Versorgung und die feuerwehrtechnische Unterstützung von großer Bedeutung: Glienicke werde von Rettungsdiensten aus Berlin über die Schildower Straße und die Elsestraße versorgt. „Diese sind auf eine zuverlässige Einfahrt nach Berlin, und zwar ohne Verzögerungszeit, angewiesen.“

Datum: 13. August 2020, Text: red/nm, Bild: Initiative Offene Nachbarschaft