Mit ihrem telefonischen Angebot „Redezeit“ richten sich die Malteser an Menschen, die alleine und auf sich gestellt sind.
Seit etwa fünf Jahren bietet der Malteser Hilfsdienst das Einsamkeits-Telefon „Redezeit“ an. Vor allem in Krisensituationen wie der jetzigen kommt dem Angebot eine besondere Bedeutung zu. „Wir sind nicht neu auf dem Markt“, erklärt Koordinatorin Stephanie Wegener von Tengg und betont: „Es ist ganz wichtig, uns von einer telefonischen Seelsorge-Hotline abzugrenzen.“ Denn das Einsamkeits-Telefon steht Hilfesuchenden nicht nur temporär, sondern über Monate, teils über Jahre hinweg zur Seite und gibt so die Möglichkeit, langfristiges Vertrauen aufzubauen oder gar Freundschaften zu entwickeln. „An uns wenden sich Menschen, die alleine und einsam sind, die keine Familie vor Ort haben, keine Freunde, und die mit ihren Lebensfragen auf sich gestellt sind.“
Langfristiger Gesprächspartner am Telefon
Die Malteser stellen jedem Bedürftigen einen festen Telefonpartner zur Seite – immer denselben Zuhörer, der dann durchschnittlich eine Stunde pro Woche mit der Person am Telefon verbringt. „In Krisenzeiten kann es auch öfter oder länger sein“, so die Koordinatorin. Eine vertraute Stimme am Telefon könne für Nähe sorgen, „unsere Ehrenamtlichen hören aufmerksam zu und lassen den anderen von seinen Ängsten erzählen. Gerade in einer Ausnahmesituation wie dieser, kann das sehr beruhigend sein.“
Oft mit Stigmatisierung verbunden
Einsamkeit sei ein schwieriges Thema und oft mit einer Art Stigmatisierung verbunden. „Viele Menschen haben ja schon ein Problem damit, sich selbst einzugestehen, dass sie einsam sind.“ Daher ermutigt die Koordinatorin alle Bedürftigen, das Angebot der Malteser anzunehmen und keine Scheu zu haben. Nicht nur in Zeiten von Corona, wie sie ausdrücklich erwähnt. „Es wäre schön, wenn wir an noch mehr Menschen herantreten könnten.“ Aktuell sei ein guter Zeitpunkt, die Gesellschaft für das Thema Einsamkeit zu sensibilisieren. Viele von uns merken durch die momentanen Auflagen und Sperren, wie schlimm sich alleine sein anfühlt und „die Corona-Krise offenbart die Einsamkeit der Menschen einmal mehr“. Mit ihrem Einsamkeits-Telefon richten sich die Malteser an keine bestimmte Zielgruppe. Zwar würden vorrangig ältere Menschen ab 60 Jahren den Dienst in Anspruch nehmen, „es gibt aber auch zunehmend jüngere einsame Menschen.“ Die Stelle sei dankbar für jeden Interessierten und jedes helfende Ohr, das ehrenamtlich tätig werden möchte.
Geringer Aufwand für große Wirkung
Dabei ist jedoch eines ganz besonders wichtig: „Wir suchen Ehrenamtliche, die auch nach der Corona-Krise weiterhin für die einsamen Menschen da sein wollen. Oft entstehen langfristige Telefonfreundschaften.“ Und der Aufwand für dieses Ehrenamt ist wahrhaft gering. „Man kann von daheim aus telefonieren, der Zeitaufwand ist mit einem Telefonat pro Woche sehr klein, was das Alter betrifft ist kein Limit gesetzt.“ Stephanie Wegener von Tengg und ihre Kollegen wollen Bedürftige auffangen und andere für die Sache gewinnen.
Zum Umdenken bewegen
„Wir müssen in unserer Gesellschaft langfristig etwas verändern, im Menschlichen, im Miteinander. All das ist viel zu kurz gekommen. Es braucht langfristige Bindungen und dass wir weniger aneinander vorbeileben und sich Menschen gegenseitig an die Hand nehmen“, so Wegener von Tengg. „Wir wollen Einsamen das Gefühl vermitteln, dass sie gerade jetzt in dieser Ausnahmesituation nicht alleine sind.“ So könne etwa beobachtet werden, wie sich diese durch die Gespräche gesünder, vitaler und lebensbejahender fühlen, erzählt die engagierte Koordinatorin abschließend.
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Wer sich über einen Anruf der Malteser freuen würde oder selbst ehrenamtlich tätig werden möchte, kann sich telefonisch oder per E-Mail an die Stelle wenden und außerdem auf der Website mehr Informationen erhalten.
Telefon: (030) 348 00 32 69
E-Mail: Redezeit.Berlin@malteser.org
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Datum: 26. März 2020, Text: Lisa Gratzke, Bild: privat