Gaspreise
Was Mieter angesichts steigender Energiepreise tun können. Bild: IMAGO/NurPhoto

Vor wenigen Tagen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die zweite Alarmstufe im Gas-Notfallplan ausgerufen. Was das jetzt für Endverbraucher bedeutet und wer lieber heute schon Geld zur Seite legen sollte, erklären wir in diesem Artikel.

Das Gas wird knapp in Berlin und Deutschland. Viele Mieter müssen sich deshalb auf Preissteigerungen einstellen. Vor allem Haushalte, die mit Gas beheizt werden, sind von den zu erwartenden Mehrkosten betroffen. Das trifft in Berlin immerhin auf 37 Prozent der Wohnungen zu. 43 Prozent werden laut Mikrozensus mit Fernwärme (teilweise auch Gas) und 16 Prozent mit Öl beheizt (Stand 2018).

Preiserhöhungen dürften aber sämtliche Berliner Mieter treffen. „Die Ausrufung der Gas-Alarmstufe durch den Bundeswirtschaftsminister versetzt uns in tiefe Unruhe für den bevorstehenden Herbst und Winter, weil wir mit erheblichen Einschränkungen bei der Gaslieferung und dramatischen Preissteigerungen rechnen müssen, die die Miete in die Höhe schnellen lässt“, so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild.

Auch Vermieter in der Pflicht

Denn neben den verringerten Gasmengen werden wohl auch die Kosten für Heiz- und Warmwasser explodieren. Der Mieterverein sieht nun auch die Vermieter in der Pflicht, mängelbehaftete Heizanlagen zu sanieren und energetisch zu optimieren, um die Kosten für Mieter so gering wie möglich zu halten. Zudem brauche es, so Wild, dringend einen verbesserten Kündigungsschutz bei Zahlungsunfähigkeiten für Heiz- und Warmwasserkosten.

Mit kurzfristigen Nachzahlungen und Abschlagserhöhungen müssen Mieter übrigens nicht rechnen. Eine böse Überraschung könnte sie dann jedoch im kommenden Jahr in Form der Nebenkostenabrechnung erwarten. Eine Möglichkeit, sich vor horrenden Nachzahlungen in 2023 zu wappnen, ist die eigenständige Erhöhung der Abschlagszahlung. Das sollte laut Verbraucherzentrale Berlin aber nur dann erfolgen, wenn der Versorger aktuell die Preise erhöht. „Denn ansonsten besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass man mit der nächsten Jahresverbrauchsabrechnung eine Nachzahlung leisten muss. Deshalb sollten Verbraucher Ihren Versorger um eine Anpassung bitten“, erzählt uns Energierechtsberaterin Hasibe Dündar von der Verbraucherzentrale Berlin.

„Nicht in Panik geraten“

Aber: „Hat der Versorger noch nicht die Preise erhöht, sollte man nicht aus freien Stücken den Abschlag erhöhen lassen. Denn ist der Energieverbrauch des Haushalts nicht gestiegen und der Preis nicht geändert worden, besteht kein Grund zur Nachzahlung und somit auch nicht zur Erhöhung des monatlichen Abschlags. Anderenfalls würde der Verbraucher dem Versorger ein zinsloses Darlehen gewähren. Wenn infolge der Energiepreiskrise der Versorger in Insolvenz geht, wird der Verbraucher das zu viel Gezahlte, wenn überhaupt, nur als Bruchteil zurückbekommen“, so ihre Warnung. Generell sollten Verbraucher, falls möglich, Vorkehrungen treffen und „monatlich etwas Geld bei Seite schaffen und sparen“.

Wichtig sei aber auch, „dass man sich nicht verrückt macht und man nicht in Panik gerät. Wir müssen alle einen kühlen Kopf bewahren. Denn in der aktuellen Situation muss jeder einzelne Verbraucher und auch Unternehmer nach Möglichkeiten suchen, um das gesamtgesellschaftliche Gasversorgungsproblem so gut wie möglich zu meistern“, so Dündar weiter.

Sparen
Mit einfachen Tricks den Energieverbrauch senken. Bild: IMAGO/Reiner Zensen

Auch von einem vorschnellen Wechsel des Energieversorgers rät die Verbraucherzentrale Berlin ab. Neue Verträge am Markt seien derzeit deutlich teurer als Bestandsverträge. Es gebe aber auch einige „schwarze Schafe“, die die Situation ausnutzen und die Preise alle drei Monate anheben. „Betroffene sollten dann nicht untätig bleiben!“, so die Sprecherin. „Sind sich Verbraucher unsicher, ob die Preiserhöhung wirksam oder die hohe Energierechnung korrekt ist, können sie sich gerne an die Energierechtsberatung der Verbraucherzentrale wenden. Die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale bietet Verbrauchern Beratung und Hilfe an, die sich nicht in der Lage sehen, die hohe Energierechnung in einem Betrag zu bezahlen.“

Speicher bis zu 60 Prozent gefüllt

Aktuell sind die Gasspeicher in Deutschland übrigens bis zu 60 Prozent gefüllt, bis November sollen es sogar rund 90 Prozent werden. Ob das angesichts des drohenden Stopps von Lieferungen aus Russland realistisch ist, ist fraglich. Mit 60 Prozent würde die Bevölkerung gut ein bis anderthalb kalte Wintermonate durchkommen – bei unverändertem Verbrauch. Allerdings ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Mieter ihren Verbrauch an die aktuelle Situation anpassen werden. Zudem soll es Pipeline-Gaslieferungen aus Norwegen und den Niederlanden geben.

Wie können Mieter Gas und Strom sparen?

Auch dafür hält die Verbraucherzentrale Berlin einige Tipps bereit.

  1. Tipp: Nutzen Sie das Heizkörper-Thermostat.

Thermostate ermöglichen, die Raumtemperatur zu regulieren. Wichtig ist, die Temperatur entsprechend dem tatsächlichen Bedarf einzustellen. Für Wohnräume empfehlen sich 20 bis 22 Grad. Jedes Grad, um das die Raumtemperatur gesenkt wird, verringert den Energieverbrauch um etwa sechs Prozent. Bei längerer Abwesenheit wird zusätzlich Energie eingespart, wenn die Raumtemperatur gesenkt wird.

  1. Tipp: Befreien Sie Ihre Heizkörper.

Heizkörper gehören sicher nicht zu den schönsten Accessoires in Wohnräumen. Damit sie aber effizient heizen können, sollten sie nicht hinter Verkleidungen, Vorhängen oder Möbeln versteckt werden. Die Raumluft sollte die Heizkörper und das Thermostat gut umströmen können. Möbel haben am besten einen Abstand von mindestens 30 Zentimetern.

  1. Tipp: Entlüften Sie die Heizung.

Gluckert ein Heizkörper, könnte sich Luft im Heizsystem befinden. Mit einem Entlüfter-Schlüssel lässt sich schnell und unkompliziert die Luft aus warmen Heizkörpern entfernen. Ist der Heizkörper wieder komplett mit Wasser gefüllt, wird weniger Energie gebraucht, um ihn zu erwärmen. Sollte die Heizung auch nach dem Entlüften noch gluckern, hilft ein Fachbetrieb weiter.

  1. Tipp: Stellen Sie Ihre Heizungsanlage passend ein.

Je niedriger die Vorlauftemperatur im Heizsystem ist, desto geringer ist der Wärmeverlust. Viele Heizungen werden über Jahre in der ausgelieferten Werkseinstellung betrieben. Häufig ist dann die Vorlauftemperatur höher als erforderlich. Das führt zu einem um zehn bis fünfzehn Prozent zu hohen Energieverbrauch. Besonders energiesparend ist das zeitweise Abschalten der Heizung, nachts sowie tagsüber, wenn niemand im Haus ist. Nur bei zu starker Abkühlung der Wohnräume wird empfohlen, die Heizung durchgehend mit Nachtabsenkung zu betreiben. Frei wählbare Wochenprofile ermöglichen die persönlichen Nutzgewohnheiten abzubilden.

  1. Tipp: Heizung hydraulisch abgleichen lassen.

Beim hydraulischen Abgleich, der auch nachträglich bei vorhandenen Heizungen empfohlen wird, stellt der Fachbetrieb nach voriger Berechnung den Durchfluss an jedem Heizkörper ein und sorgt so für eine gleichmäßige Wärmeabgabe. Häufig ist dafür der Einbau voreinstellbarer Heizkörperventile erforderlich. Der hydraulische Abgleich reduziert sowohl die Wärmeverluste der Heizung, als auch den Stromverbrauch für die Heizungspumpe.

Zusatztipp: Alles gut einpacken.

Die effizienteste Heizung kommt an Ihre Grenzen, wenn ein Großteil der Wärme unkontrolliert entweicht. Die nachträgliche Wärmedämmung von Außenwänden, Dach- und Deckenflächen sowie der Einbau von Wärmeschutzfenstern können die Wärmeverluste des Gebäudes erheblich reduzieren. Auch kleinere Maßnahmen sind schon sinnvoll. Dazu gehören beispielsweise die nachträgliche Abdichtung von Fenstern und Türen oder die Wärmedämmung von Heizkörpernischen, Rollladenkästen und Heizungsrohren in unbeheizten Bereichen.

Text: kr