Stammt die Flora-Büste im Bode-Museum von Leonardo da Vinci? Die Antwort auf diese Frage sorgte für einen veritablen Kunstskandal
Vom 2. bis voraussichtlich 30. November sind alle Museen der Staatlichen Museen zu Berlin für den Publikumsverkehr geschlossen. Der Grund sind die aktuellen Corona-Beschränkungen. Davon betroffen ist auch die Sonderausstellung „Klartext: Zur Geschichte des Bode-Museums“, die am 18. November eröffnet hätte und nun erst nach der Wiedereröffnung starten wird.
Einem der spannendsten Themen der Ausstellung widmet sich nun eine Dokumentation des Fernsehsenders ARTE: Eine angeblich von Leonardo da Vinci stammende und 1909 von Wilhelm von Bode erworbene Büste der Göttin Flora hält bis heute die Kunstgeschichte in Atem und entwickelte sich zu einem der spektakulärsten Kunstskandale des 20. Jahrhunderts.
Öffentliches Aufsehen
Wohl kaum eine Museumserwerbung erregte während des wilhelminischen Kaiserreichs so viel öffentliches Aufsehen wie diejenige der Wachsbüste der griechischen Blütengöttin Flora. Diese war im Juli 1909 von Wilhelm von Bode, Generaldirektor der staatlichen Kunstsammlungen und Gründungsdirektor des Kaiser-Friedrich-Museums (heute Bode-Museum), für die Berliner Skulpturensammlung erworben worden.
Bode war der festen Überzeugung, dass diese Büste ein Leonardo-Original sei. Der Kunstskandal, den Bode damit in Europa auslöste, war beispiellos in der Museumsgeschichte und konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden.
Sogenannte Echtheitsfrage
Allein im Lauf der darauffolgenden zwei Jahre erschienen über 700 Artikel und Aufsätze in der internationalen Presse und in kunsthistorischen Fachorganen. Ihr Inhalt drehte sich im Kern um die sogenannte Echtheitsfrage: War die Büste ein Werk des Künstlergenies Leonardo da Vinci beziehungsweise seiner Werkstatt? Oder stammte sie von dem britischen Wachsbildhauer Richard Cockle Lucas aus der Mitte des 19. Jahrhunderts?
Hatte Wilhelm Bode mithin eine richtige oder falsche Ankaufsentscheidung getroffen? Bis heute haben sich Generationen von Kunsthistorikern über die Zuschreibung der Flora-Büste den Kopf zerbrochen
Spannende Analogie
Anlässlich der „Klartext“-Ausstellung zur Geschichte des Bode-Museums hat Kurator Neville Rowley den Flora-Fall erneut recherchiert. Die Spurensuche führt ihn nach London ins Warburg Institute und ins Auktionshaus Bonhams sowie in die Highlands von Schottland und in den Pariser Louvre.
Dort stellt der Leonardo-Experte Vincent Delieuvin eine spannende Analogie zwischen der Mona Lisa und der Flora-Büste her. Die Dokumentation von Margarete Kreuzer begleitet den Kurator und erzählt einen Kunstkrimi aus der Leonardo-Forschung: Wird es gelingen, im Labor mit neuester Technologie zu beweisen, dass es sich um eine Büste des Renaissancegenies handelt?
„Leonardo da Vinci und die Flora-Büste“ ist am 22. November, um 16.15 Uhr, als Erstausstrahlung auf ARTE zu sehen und ab dem 21. November in der ARTE-Mediathek verfügbar.
Am 21. November, 18.30 Uhr, widmet sich rbb Kultur – Das Magazin im rbb Fernsehen sowie in der rbb-Mediathek weiteren spannenden Geschichten aus dem Bode-Museum.
Die Themen der „Klartext“-Ausstellung können schon jetzt während der temporären Schließung digital erkundet werden, Infoblätter zu ausgewählten Werken und ein chronologischer Überblick zur Geschichte des Museums sind ab sofort neben weiteren vielfältigen Online-Angeboten der Staatlichen Museen zu Berlin online verfügbar.
Datum: 20. November 2020, Text: Redaktion, Bilder: Leif Karpe, Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst/Jörg P. Anders