Im Rahmen unserer Serie Naturwesen 2021 stellen wir die Stechpalme als Baum des Jahres vor

Der „Baum des Jahres“ wird im November eines jeden Jahres vom Kuratorium der „Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung“ bekanntgegeben: Die Wahl für 2021 fiel auf die Stechpalme (Ilex aquifolium). Schirmherrin Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) begrüßte die Wahl der immergrünen Laubbaumart als Baustein der heimischen Biodiversität in unseren Wäldern.

Große Schwärme

Sie wirkt wie eine Exotin in unserer mitteleuropäischen Landschaft. Alle heimischen Laubbäume werfen hier im Herbst ihre Blätter ab. Die Stechpalme tut es nicht. Sie ist immergrün und behält ihre Blätter – egal ob Sommer oder Winter, jedes über drei Jahre und länger. Ungewöhnlich ist auch deren satt dunkelgrün-glänzendes Aussehen. Sie sind ledrig-steif und haben einen welligen und mit unangenehm spitzen Stacheln bewehrten Blattrand.

Vertrauter Name

Schon unter den Botanikern des 16. Jahrhunderts war Stechpalme der übliche Name für diesen Baum. Die so gar nicht passende Beschreibung als Palme hängt mit der christlichen Tradition zusammen, bei der am Sonntag vor Ostern, dem Palmsonntag, mit einer Prozession an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert wird. Jesus war damals mit Palmwedeln begrüßt worden.

Da es aber in Mitteleuropa keine Palmen gibt und auch anderes Grün zu dieser frühen Jahreszeit kaum vorhanden ist, wurden Sträuße aus Zweigen der Stechpalme – meist zusammen mit Zweigen anderer immergrüner Gehölze – zum kirchlich geweihten Palmwedelersatz. Ilex, der botanische Gattungsname, ist für viele Leute auch der sehr viel vertrautere und sympathischere Name. Die offizielle Benennung als Stechpalme sorgt heute eher für Irritationen.

Stechendes Gesträuch

Im Nordwesten Deutschlands, der Region mit der dichtesten Verbreitung der Stechpalme, gilt allerdings Hülse (gelegentlich auch leicht abgewandelt Hulst) als quasi amtlicher Name der Stechpalme. Hulst heißt der Ilex auch in den Niederlanden, im Englischen Holly und auf Französisch Houx. Alle Namen gehen auf einen gemeinsamen Wortstamm zurück, mit dem auch anderes stechendes Gesträuch bezeichnet wurde.

Andere Verhältnisse

Sie ist eine Europäerin durch und durch. Sie wuchs schon vor zwei Millionen Jahren auf diesem damals allerdings deutlich wärmeren Kontinent, und zwar in einer subtropischen Waldgesellschaft, wie sie heute in Europa nur noch auf den geologisch bereits zu Afrika gehörenden Kanarischen Inseln zu finden ist. Die Stechpalme ist aber trotz des sich abkühlenden Klimas in Europa geblieben. Sie hat sich in die sich ändernden Lebensverhältnisse eingelebt und nur während der periodisch auftretenden Eiszeiten in den Südwesten der Iberischen Halbinsel zurückgezogen. Eine Exotin ist sie also nicht, aber doch immerhin ein bemerkenswertes Relikt aus einem anderen Erdzeitalter.

Dauerhaftes Überleben

Die Ostgrenze ihrer Verbreitung zieht sich in Deutschland diagonal etwa von der Odermündung bis ins Saarland. Weiter südlich kommt sie noch in voneinander getrennten Wuchsgebieten im Pfälzer Wald, im Schwarzwald und am Nordrand der Alpen vor. Aber ansonsten ist es der Stechpalme jenseits dieser Linie für ein dauerhaftes Überleben in der freien Natur oft zu frostig oder zu trocken.

Die wohl stärkste Stechpalme Deutschlands steht im hessischen Braunfels. Sie ist bei einem Stammumfang von drei Metern etwa acht Meter hoch, was auf so einige Kappungen während ihres auf über 270 Jahre geschätzten Lebens zurückzuführen ist.