Feierwütige in Berliner Parks provozieren Polizeieinsätze. Die Ordnungskräfte fühlen sich überfordert, erste Rufe werden laut, Einlasskontrollen einzuführen oder sogar eine Schließung des Parks nach 22 Uhr durchzusetzen.
Berliner Parks wie die Hasenheide in Neukölln oder der James-Simon-Park in Mitte werden immer häufiger zu Problemzonen. Die Polizei muss anrücken und feierwütige Jugendliche vertreiben. Im JamesSimon-Park wurden die Beamten teilweise mit Flaschen beworfen. Die Ordnungskräfte fühlen sich überfordert, erste Rufe werden laut, Einlasskontrollen einzuführen oder sogar eine Schließung des Parks nach 22 Uhr durchzusetzen. Dafür spricht
sich zum Beispiel der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber aus. Manche fragen sich, ob dieser Schritt für alle Berliner Parks ergriffen werden sollte. Dass Berlin zu 30 Prozent mit Grünflächen bedeckt ist, ist kein Werbespruch. Es
ist gelebte Realität. Und es macht etwas mit den Menschen, wenn sie zu allen Tages- und Jahreszeiten freien Zugang zu Parks haben: Es fördert das Gefühl, dazuzugehören. Das ist keine Selbstverständlichkeit. In London ist es seit Jahrhunderten Praxis, Parks abzuriegeln. Die Öffnungszeiten werden an das Tageslicht gebunden, aus Sicherheitsgründen: Wer um Mitternacht noch im Hyde Park ist, wird rausgeworfen. Auch der Nordlondoner
Park am Primrose Hill wird freitags, sonnabends und sonntags ab 22 Uhr geräumt. Es gab Beschwerden der Nachbarn wegen Ruhestörungen und „antisozialen Verhaltens“, so die Polizei.
Letzte Treffpunkte in der Nacht
London und Berlin haben die gleichen Probleme mit Jugendlichen, die abends nicht wissen, wohin. Gerade jetzt in
der Pandemie. Doch wo sollen die Jugendlichen hin, wenn sie von einem der letzten freien Plätze verbannt
werden? Nicht jeder verfügt über einen Garten oder Außenbereich. Einen Restaurantbesuch kann sich nicht
jeder leisten. Die Berliner Clubs, ein Kulturgut dieser Stadt und ein wichtiger Treffpunkt für die Jugend, bleiben noch immer weitgehend Parks als Problemzonen STADTGRÜN Feierwütige in Berliner Parks provozieren Polizeieinsätze
geschlossen. Das sollte vor der Einführung von Schließzeiten für Parks bedacht werden.
Gerade die Jugend muss seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 auf vieles verzichten, ihr Leben weiter einzuschränken, wäre nicht fair. Zudem sind Aktivitäten an der frischen Luft in der Pandemie hilfreich: Sobald das Wetter schöner wird und Menschen sich eher draußen als drinnen aufhalten, sinken die Neuinfektionen.
Auch wenn eine Infektion selbst unter freiem Himmel nie zu 100 Prozent auszuschließen ist, führt das Virus bei den meisten Jugendlichen zu keinem schweren Verlauf. Umso gefährlicher sind die möglichen Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit. Der Mangel an sozialen Kontakten führt verstärkt zu Angststörungen und Depressionen. Gesundheit und Wohlergehen muss auch für die Generation der Jugendlichen breiter definiert und verstanden werden, als nur im Sinne der Bedrohung durch ein Virus, sagen Experten. Parkschließungen würden die Feiernden dann unter Umständen nur wieder in die Innenräume treiben.
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung
Datum: 17. Juli 2021, Text: Elizabeth Rushton/Jesko zu Dohna/nm, Bild: Imago/PEMAX