Zwischen Belastung und Entlohnung klafft in Berlin häufig eine große Lücke. Bild: Getty Images Plus/iStock/Slphotography
Zwischen Belastung und Entlohnung klafft in Berlin häufig eine große Lücke. Bild: Getty Images Plus/iStock/Slphotography

Dieser Befund sollte Arbeitgebern zu denken geben: Mehr als jeder zweite Beschäftigte in Berlin ist mit seinen Arbeitsbedingungen unzufrieden.

„Leben Sie gerne in Berlin?“, lautete der Titel einer Umfrage auf unserer Website in der vergangenen Woche. Rund 58 Prozent der User bejahten die Frage. Hintergrund der Abstimmung war ein Beitrag darüber, dass es sich in der „Chaos-Hauptstadt“ deutlich besser leben lässt, als viele Menschen außerhalb der Region glauben.

Würde man dabei auch das Themengebiet Beruf und Karriere berücksichtigen, würde das Meinungsbild wohl weniger positiv ausfallen. Laut einer Befragung unter Beschäftigten sind mehr als die Hälfte der Berliner Arbeitnehmer unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen. Initiiert wurde die Befragung von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Mehr Stress

Der Umfrage „Gute Arbeit in Berlin 2022“ zufolge bewerten 52 Prozent der Beschäftigten in Berlin ihre Arbeitsqualität als schlecht oder im unteren Mittelfeld. Das sind sieben Prozentpunkte mehr als im Bundesdurchschnitt. Zusätzlich kann sich nur die Hälfte der Befragten vorstellen, ihre jetzige Arbeit bis zum gesetzlichen Rentenalter auszuüben.

Gegenüber der Erhebung im Jahr 2020 fühlen sich mehr Personen stark gehetzt oder stehen unter Zeitdruck (plus fünf Prozent). Befragt wurden 1.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

 

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Gründe für diesen Trend gibt es reichlich. Zwei Ressourcen fehlen besonders vielen Beschäftigten: Einfluss auf die Arbeitsmenge und auf die Aufstiegschancen. Belastungen stehen vor allem im Zusammenhang mit schleppender Weitergabe von Informationen sowie fehlender Wertschätzung und schlechter Planung von Vorgesetzten.

Auch die Bezahlung prägt den Negativtrend: Mehr als ein Drittel der Berliner stuft das eigene Einkommen als unzureichend ein. Etwa acht von zehn Beschäftigten gehen davon aus, dass der gesetzliche Rentenanspruch nicht oder lediglich gerade so ausreichend ist.

Fehlende Wertschätzung

Die Kreativwirtschaft und der Medienbereich zählen zu den dynamischsten Wirtschaftsbereichen Berlins. Gerade sie tragen zur Anziehungskraft der Stadt bei. Doch auch in diesen „hippen“ Sparten ist der Frust unter den Beschäftigten mitunter groß.

„Ich bin mit meiner Arbeit nicht zufrieden“, erklärte eine Grafikdesignerin gegenüber dieser Zeitung. Auf einer Skala von eins bis zehn würde sie sich für vier entscheiden. „Es ist nicht die Art des Jobs, die mir nicht gefällt, sondern vielmehr die fehlende Wertschätzung“, sagt sie. „Hinzu kommen die mangelhaften Chancen auf Weiterentwicklung und die schlechte Bezahlung.“

„Diese Ergebnisse müssen uns aufrütteln“, kommentierte Arbeitssenatorin Katja Kipping (Linke) die Befragung. „Die Betriebe müssen bessere Arbeitsbedingungen bieten, wollen sie im Wettbewerb um Fachkräfte nicht leer ausgehen.“ Katja Karger, die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, sieht den entscheidende Hebel für Verbesserungen in Tarifverträgen, die verbindliche Standards und gute Bezahlung bringen.

Was denken Sie, liebe Leserinnen und Leser? Sind Sie mit Ihrem Job zufrieden? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil. Das Abstimmungsfeld finden Sie in der rechten Seitenleiste und hier im Beitrag. Oder schreiben Sie uns Ihre Meinung und Erfahrungen in die Kommentare, ebenfalls möglich ist eine E-Mail an redaktion@berliner-abendblatt.de

Text: Nils Michaelis