Energie
Wie kann Berlin Energie sparen? Bild: Imago/Dirk Sattler

Sollten die russischen Gaslieferungen ausbleiben, muss in Berlin mächtig gespart werden.

Das Rot der Ampeln entflammt den nächtlichen Asphalt. Weit und breit nichts zu sehen, was nach Gefahr aussieht. Dennoch steht der brave Verkehrsteilnehmer vor der zwecklosen Barriere und fragt sich: Was soll das? Diese Situation könnte ziemlich schnell der Vergangenheit angehören.

Weil wir – sollte uns Russlands Präsident die Gasversorgung verweigern – in eine veritable Energiekrise hineinschlittern. Und weil deshalb Gesetze, Vorschriften und Regeln auf den Prüfstand kommen. Und nicht mehr allein, wie im Falle der sinnlos dahinblinkenden Ampel, der Aspekt der Verkehrssicherheit zählt. Sondern weil eine ernsthafte Antwort auf die Frage gefunden werden muss, wie viel Strom eingespart werden könnte, wenn ein Großteil der Ampeln – zum Beispiel in Nebenstraßen – in den Genuss einer Nachtruhe käme.

Erste Ergebnisse

Eine Stadt geht vom Gas – weil sie muss! Wie jetzt bekannt wurde, richtete der Berliner Senat schon im April eine sogenannte Task Force ein, die einen Maßnahme-Katalog zum Energiesparen erarbeiten soll. Mitte Juli, so Berlins Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD), wolle man erste Ergebnisse im Senat beraten, im August soll dann ein entsprechendes Paket beschlossen werden.

So geht es unter anderem darum, öffentliche Gebäude nachts nicht mehr anzustrahlen. Hiervon gebe es in Berlin immerhin 200, so Tino Schopf, Staatssekretär für Energie und Betriebe in der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. In einem Interview mit rbb24 Inforadio erklärte der SPD-Politiker außerdem, dass darüber diskutiert wird, die Straßenbeleuchtung zu reduzieren oder Ampeln nachts abzuschalten. Denkbar sei auch, die Wassertemperatur in Behörden und Schwimmbädern abzusenken. Letzteres ist bereits geschehen.

Weitere Vorschläge

Auf der Suche nach Möglichkeiten, Energie einzusparen, erweisen sich Berlins Politiker als ausgesprochen kreativ. So hatte unlängst Sebastian Czaja, FDP-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, vorgeschlagen, öffentliche Gebäude wie den Funkturm, das Brandenburger Tor oder die Siegessäule nach Mitternacht nicht mehr anzustrahlen. Ähnlich findig zeigt sich auch Berlins Regierende Bürgermeisterin.

Mitte vergangener Woche regte sie an, darüber nachzudenken, ob man das Brandenburger Tor oder des Rote Rathaus unbedingt noch nach Mitternacht beleuchten müsse. „In der Lage, in der wir sind, muss man alle Möglichkeiten zum Energiesparen prüfen“, sagte Giffey der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Dauerleuchtende Laternen

„Auch bei der Straßenbeleuchtung muss es eine Abwägung von Sicherheitserfordernissen und Einsparmöglichkeiten geben“, ergänzte Giffey. „Aber die Frage ist, was ist nice to have („schön, es zu haben“, Anm.d.Red.) und wo kann man in diesen Zeiten sagen, wir fahren an der einen oder anderen Stelle runter.“ Interessant ist in diesem Zusammenhang die Antwort der Senatsumweltverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Jan Lehmann. Der hatte Kritik an dauerleuchtenden Gaslaternen geübt.

Aktuell, so heißt es, sei bei rund 1.400 Gasleuchten der Schaltmechanismus nicht in Betrieb. Dadurch ließen sich diese zurzeit nicht regulieren. Da es aber gesetzlich vorgeschrieben sei, dass die Laternen in der Nacht leuchten, müssten sie auch am Tage angeschaltet bleiben.

Ernste Lage

Unterdessen ruft auch der Berliner Energieversorger Gasag zum Energiesparen auf. Dessen Chef, Georg Friedrichs, sagte der „Berliner Zeitung“, dass man in Berlin mit allem rechnen müsse. Daher sei es wichtig, sparsam mit Energie umzugehen und die Gasspeicher in Deutschland zügig zu befüllen. Er charakterisierte die Lage als sehr ernst.

Für die zunehmende Nervosität unter Politikern und Energieversorgern gibt es einen ganz konkreten Grund: Wenn nach Ende der routinemäßigen Wartungsarbeiten an der Pipeline NordStream 1 – diese begannen am 11. Juli und sind normalerweise nach zehn Tagen abgeschlossen – kein Gas mehr aus Russland nach Deutschland fließt, könnte es sich höchstwahrscheinlich um eine Blockade seitens der Russen handeln.

Dafür sei Berlin, so Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos), gut gerüstet. Trotzdem rief er dazu auf, schon jetzt Gas zu sparen. Deutschlands Gasspeicher müssten noch von derzeit 65 auf etwa 90 Prozent im November gefüllt werden. Alles, was jetzt eingespart werde, helfe im Winter.

Text: Ulf Teichert